NOTIERT IN BERLIN

Regierung rüffelt Bayer

Die jahrelange Schlacht um Monsanto ist geschlagen. Bayer übernimmt den US-Saatguthersteller für 63 Mrd. Dollar, inklusive Schulden. Göttliche Hilfe in Zeiten, in denen das Vorhaben schwierig wurde, bekam das Leverkusener Management vom Kriegsgott...

Regierung rüffelt Bayer

Die jahrelange Schlacht um Monsanto ist geschlagen. Bayer übernimmt den US-Saatguthersteller für 63 Mrd. Dollar, inklusive Schulden. Göttliche Hilfe in Zeiten, in denen das Vorhaben schwierig wurde, bekam das Leverkusener Management vom Kriegsgott Mars, der als 40 cm große Bronzeskulptur jahrelang in der Bayer-Vorstandsetage stand. Doch nach dem Sieg über die Amerikaner wird der göttliche Beistand offenbar nicht mehr gebraucht. Der Mars kann weg. Sotheby’s übernehmen sie. Ein Vorhaben, das im Kanzleramt für großes Unverständnis sorgte und mit dem sich der Chemiekonzern dortselbst beste Feinde gemacht hat.Die Tatsache, dass Bayer die kleine Bronze beim Londoner Auktionshaus zur Versteigerung einreichte zeigt, dass es sich hier nicht nur um eine 08/15-Skulpur handelte, sondern um ein veritables Schmuckstück mit einem Schätzwert zwischen 3 und 5 Mill. Pfund. Die Plastik wurde vom Medici-Hofkünstler Giambologna erschaffen und 1587 dem sächsischen Kurfürsten Christian I. geschenkt. Gut 300 Jahre war die Renaissance-Figur in Dresden zuhause, wo sie zum ältesten Sammlungsbestand der dortigen Museen gehörte. Im Zuge des sogenannten Fürstenausgleichs, mit dem die zuvor während der Novemberrevolution 1918 enteigneten Kaiser, Könige und Fürsten teilentschädigt wurden, bekamen die Wettiner den Mars zurück. Der dann postwendend vom letzten Monarchen Friedrich August III. versilbert wurde, der sich angeblich mit dem Satz “Machd doch eiern Drägg alleene!” vom Thron verabschiedet hatte. Nach einigem Hin und Her mal bei diesem Sammler, dann bei jenem Kunstfreund wurde die Statue in den achtziger Jahren von einem Mitarbeiter dem Bayer-Konzern geschenkt. Und dieses Geschenk sollte nun 30 Jahre später bei Sotheby’s meistbietend versteigert werden. Man kann nur hoffen, dass der edle Spender von damals nicht mehr lebt, damit er diesen Undank nicht noch miterleben muss.Ähnlich fassungslos war offensichtlich auch die im Kanzleramt angesiedelte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). In einem persönlichen Brief hat sie Bayer-Chef Werner Baumann gebeten, die Skulptur den Dresdner Kunstsammlungen zu schenken. “Ihr Unternehmen hat den Mars einst selbst als Schenkung erhalten”, betont sie. Dagegen stammten sowohl die Gelder der Museen wie auch die von ihr in Aussicht gestellte Million für den Ankauf der Skulptur aus Steuergeldern. Nach heftigen Protesten hatte Bayer die ursprünglich vorgesehene Auktion in letzter Minute zurückgezogen und die Bronze den Dresdner Sammlungen zum direkten Kauf angeboten. Der Konzern will eigenen Angaben zufolge mit dem Geld in junge Kunst investieren. Das jedoch befriedete Grütters nicht wirklich: “Ein Konzern wie Ihrer, der damit wirbt, dass der Wert seiner Marke bereits 2015 auf 6,3 Mrd. Euro beziffert wurde, soll sich auch der damit einhergehenden gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden”, schreibt sie Baumann und erinnert: “Eigentum – und dazu gehört auch Kultureigentum – verpflichtet.”