Renzi will für 2017 mehr Flexibilität

Italiens Regierungschef trifft sich mit Kanzlerin Merkel - Mehr Respekt und Mitspracherechte gefordert

Renzi will für 2017 mehr Flexibilität

tkb Mailand – Italiens Regierungschef Matteo Renzi wird heute in Berlin Kanzlerin Angela Merkel (CDU) treffen. Wie aus Rom verlautet, werden unter anderem auch Wirtschaftsthemen zur Sprache kommen. Vor allem will sich Renzi freie Hand für mehr Flexibilität auch im Jahr 2017 sichern. Denn Italien drohen dann Korrekturmaßnahmen im Haushalt von geschätzt 25 Mrd. Euro, sollte Renzi nicht die Erlaubnis bekommen, mehr Schulden machen zu dürfen als bislang erlaubt. Die Situation ist umso prekärer, als Brüssel Italien kürzlich vor dem mittelfristigen Schuldenrisiko warnte.Die scharfen Töne, die Renzi neuerdings anschlägt, sind auch politisches Kalkül. Noch nie war die Euro- und Europa-Skepsis so weit verbreitet wie derzeit. Im Frühjahr finden in mehreren italienischen Großstädten Bürgermeisterwahlen statt, etwa in Rom, Mailand, Bologna und Neapel. Die Opposition punktet derzeit mit ihrer Europa-Feindlichkeit. Da will Renzi zeigen, dass auch er mit vielen Entscheidungen aus Brüssel und Berlin nicht einverstanden ist. Als einziger Regierungschef, dem es gelang, in den letzten zwei Jahren mehr Reformen als anderswo durchzuführen, fordert er mehr Mitspracherecht. Und mehr Respekt für Italien.Schon beim letzten EU-Gipfel machte sich Renzi zum Wortführer der Merkel-Kritiker. Sparpolitik, Flüchtlinge, Gaspipeline waren nur einige jener Punkte, die dem italienischen Regierungschef an der deutschen Linie nicht passten. Auch die 3 Mrd. Euro Flüchtlingshilfen für die Türkei sieht Renzi mit Skepsis. Angeblich will er diesen nur zustimmen, falls er genügend Spielraum in der Schuldenpolitik erhält. Italiens Gesamtverschuldung macht derzeit 133 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus und soll 2016 erstmals sinken. Bis 2018 soll der Schuldenberg auf 130 % reduziert werden. Dies ist ebenso fraglich wie die Chancen, die Neuverschuldung abzubauen. Mit 2,4 % des BIP liegt Italien in diesem Jahr über den ursprünglichen Versprechungen. Ein Abbau 2017 scheint auch infolge der Steuerversprechen, etwa der Abschaffung der Unternehmenssteuer, schwierig.Die EU hat Rom kürzlich gemahnt, die Regeln des geplanten Schuldenabbaus zu respektieren. Aus einem Bericht über die Finanzlage der EU geht das “mittelfristige Schuldenrisiko” Italiens klar hervor. Nach zwei Jahren Flexibilität müsse Rom 2017 wieder dem normalen Rhythmus beim Schuldenabbau folgen. In dem Bericht wird auch darauf verwiesen, dass der Primärüberschuss in Italiens Haushaltsbilanz mit 2,5 % höher sein müsste als geplant. Nur so kann Italien den geforderten Schuldenabbau von derzeit 133 % auf 110 % bis 2026 umsetzen. Der Chefkommentar der Mailänder Tageszeitung “Il Corriere della Sera”, rät Renzi in den Verhandlungen mit Merkel zu mehr Weisheit.