Rom billigt Vereinfachungsdekret

Regierung baut bürokratische Hürden bei Investitionsvorhaben ab

Rom billigt Vereinfachungsdekret

bl Mailand – Nach langwierigen Diskussionen zwischen den Koalitionspartnern hat sich Italiens Regierung in den frühen Morgenstunden des gestrigen Dienstag auf ein sogenanntes “Vereinfachungsdekret” geeinigt. Dabei handelt es sich um einen Erlass, mit dem bürokratische Hürden für die Genehmigung von Investitionen abgebaut werden sollen. Öffentliche Ausschreibungen unterhalb bestimmter Betragsgrenzen sollen nun ohne Ausschreibungen vergeben werden. Für Auftragsvergaben im jeweiligen Wert von mehr als 5 Mill. Euro sind beschleunigte Verfahren vorgesehen. “Mutter aller Reformen”Premierminister Giuseppe Conte bezeichnete das Vorhaben als “Mutter aller Reformen”. Das Vereinfachungsdekret soll Grundlagen für die Gewährung von EU-Hilfen im Rahmen des Europäischen Wiederaufbauprogramms schaffen. Die vereinfachten Verfahren sollen auch für 30 große Investitionsprojekte gelten, darunter neue Autobahnverbindungen und Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn. Außerdem sollen digitale Innovationen in der öffentlichen Verwaltung, Investitionen im Gesundheitswesen, Universitäten und Schulen sowie der ökologische Umbau des Stahlwerks von Taranto davon profitieren. Die Vereinfachungen sind jedoch umstritten, weil zum Beispiel die Antikorruptionsbehörde befürchtet, dass kriminelle Organisationen wie Mafia und Camorra so leichter Zugang zu staatlichen Geldern erhalten.Die italienische Regierung hat außerdem die Umrisse eines Reformprogramms erarbeitet, das dazu beitragen soll, den Widerstand der sogenannten “vier sparsamen Länder” gegen europäische Hilfen für Italien zu brechen. Außer für eine Steuerreform mit umfangreichen Abgabensenkungen plant Rom, die europäischen Hilfsgelder von 173 Mrd. Euro, davon 82 Mrd. Euro in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses, für Investitionen in Schulen, Forschung und Entwicklung, Glasfasernetze, für Infrastrukturausgaben sowie die Unterstützung der Wirtschaft zu verwenden. Außerdem sollen die staatlichen Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden, ein Vorhaben allerdings, das schon in der Vergangenheit wiederholt gescheitert ist, ebenso wie der Kampf gegen die Steuerflucht. Der Ökonom Carlo Cottarelli bezeichnet die geplanten Maßnahmen als Sammelsurium und beklagt, dass keine Prioritäten gesetzt werden. AutokaufprämienBereits am Montag hatte die italienische Regierung auch eine Verschrottungsprämie für die Autoindustrie auf den Weg gebracht. Für den Kauf von Fahrzeugen der Abgasklasse Euro 6 sind im Falle der gleichzeitigen Verschrottung eines mehr als zehn Jahre alten Autos bis zu 3 500 Euro an staatlichen Zuschüssen vorgesehen. Wer ein Elektro- oder Hybridfahrzeug bis zum Preis von 40 000 Euro erwirbt, erhält vom Staat bis zu 10 000 Euro. Rom kommt mit der Maßnahme der angeschlagenen Autoindustrie entgegen: Im Zeitraum von Januar bis Mai sind die Autoverkäufe in Italien um 46 % eingebrochen.