Italien

Rom einigt sich mit Brüssel

Italien hat sich mit Brüssel nach monatelangen Verhandlungen auf die Auszahlung der dritten Rate des europäischen Aufbauprogramms geeinigt. Dabei musste Rom aber Zugeständnisse machen und erhält weniger Geld als erwartet.

Rom einigt sich mit Brüssel

Rom einigt sich mit Brüssel

Italien erhält dritte Rate aus Aufbauprogramm, muss aber Zugeständnisse machen

Italien erhält die dritte Rate des europäischen Aufbauprogramms, muss aber vorerst auf einen Teil der Gelder verzichten. Rom hofft nun, die ausstehenden Mittel im Laufe des Jahres zusammen mit der vierten Rate zu erhalten. Das Verhalten der italienischen Regierung hat in der EU für eine gewisse Verstimmung gesorgt.

bl Mailand

Nach monatelangen Diskussionen hat sich die italienische Regierung mit der EU-Kommission auf die Auszahlung der dritten Rate des europäischen Wiederaufbauprogramms geeinigt, dessen größter Nutznießer Rom mit insgesamt 191,5 Mrd. Euro ist. Premierministerin Giorgia Meloni musste jedoch Abstriche akzeptieren: Statt der erwarteten 19 Mrd. Euro werden zunächst nur 18,5 Mrd. Euro ausgezahlt. Grund sind Verzögerungen bei der Umsetzung des Baus von Studentenunterkünften. Meloni hofft, die Gelder im Jahresverlauf bei der Auszahlung der vierten Rate in Höhe von dann 16,5 statt 16 Mrd. Euro zu erhalten. Die Erwartung ist, dann insgesamt 35 Mrd. Euro in Form der dritten und vierten Rate zu bekommen.

Die Gespräche mit Brüssel zogen sich über viele Monate hin, weil keine Seite nachgeben wollte. Italien war der Auffassung, dass der bloße Beschluss von Maßnahmen ausreiche, Brüssel bestand auf einer konkreten Erreichung der Ziele. Auf Wunsch Brüssels musste Rom das größtenteils von Premierminister Mario Draghi erarbeitete Programm überarbeiten. Einige Vorhaben, etwa der Bau von zwei Fußballstadien in Florenz und Venedig, wurden von der EU nicht akzeptiert.

Die fehlende Einigung gefährdete Italiens Glaubwürdigkeit stark. Die Ratingagentur Standard & Poors zeigte sich sehr beunruhigt darüber, dass Italien und Spanien, die beiden größten Nutznießer des Programms, bis dato erst etwa 10% der Mittel ausgegeben haben und auch bei der Planung von Vorhaben große Probleme haben, weil die Verwaltungen vor allem auf lokaler Ebene dazu nicht in der Lage sind.

Italien ist zwar dank der europäischen Mittel, diverser Bonuszahlungen und des Tourismusbooms zuletzt stärker gewachsen als andere Länder. Doch sollten die Gelder des Aufbauprogramms, die dem Land in den nächsten drei Jahren weitere Impulse geben sollen, nicht dafür sorgen, auch private Investitionen anzukurbeln, droht ein Rückfall in die Zeiten wirtschaftlicher Stagnation, fürchtet Lorenzo Codogno, Dozent an der London School of Economics und früher Mitarbeiter diverser Wirtschaftsminister.

Der Glaubwürdigkeit Italiens schadet darüber hinaus, dass Reformen etwa der Verwaltung oder Justiz, die zentral für künftiges Wachstum wären, ebensowenig umgesetzt werden wie Reformen des Wettbewerbsrechts. Meloni schiebt die Schuld für Verzögerungen teilweise auf ihren Vorgänger Draghi. Es gibt jedoch auch Differenzen innerhalb ihrer Regierung. Meloni verärgert die europäischen Partner zunehmend wegen der verzögerten Umsetzung des Aufbauprogramms und weil sie die Ratifizierung des Vertrags zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), den nur Italien nicht unterzeichnet hat, mit einem Entgegenkommen Brüssels beim neuen Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie dem Aufbauprogramm verknüpft.

Dass in der geplanten Justizreform Delikte wie der Amtsmissbrauch politischer Mandatsträger abgeschafft werden sollen, verstimmt Brüssel zusätzlich. Denn die EU hält dies für kontraproduktiv im Kampf gegen die Korruption.

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