Rom geht im Budgetstreit auf Brüssel zu

Italiens Regierung gibt sich kompromissbereit

Rom geht im Budgetstreit auf Brüssel zu

Im Haushaltsstreit Italiens mit der EU-Kommission zeichnet sich eine Annäherung an. Angesichts der riesigen Unterschiede zwischen den Vorstellungen beider Seiten ist es jedoch mehr als ungewiss, ob es zu einer Einigung kommt.bl/ba Mailand/Frankfurt – Nach Monaten heftiger Auseinandersetzung zwischen EU-Kommission und Italien um den Haushalt signalisiert die Regierung in Rom erstmals Kompromissbereitschaft. Man klebe nicht an Dezimalstellen, sagte Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini, der sich statt des bisher angepeilten Defizits von 2,4 % im kommenden Jahr auch einen Wert von 2,2 % vorstellen könnte. Er fügte hinzu: “Wir sind nicht an einem Streit mit der EU interessiert.” Ähnlich äußerte sich der andere Vizepremier, 5-Stelle-Chef Luigi Di Maio. Er sei bereit, über eine Senkung des Defizitziels zu verhandeln, solange die geplanten Maßnahmen der Regierung nicht angetastet würden.Premierminister Giuseppe Conte und Wirtschaftsminister Giovanni Tria hatten sich am Samstag mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici und EU-Finanzmarktkommissar Vadis Dombrovskis in Brüssel getroffen. Beide Seiten hatten ihren Willen zu einer Kompromisslösung bekundet, um ein Strafverfahren gegen Italien wegen des Verstoßes gegen die EU-Defizitregeln noch zu vermeiden.Selbst der sonst so aggressive Salvini mäßigte seinen Ton und wollte sich am Montagabend mit Di Maio, Conte und Tria treffen, um über Handlungsoptionen zu sprechen. Die Regierung will aber sowohl an der Absenkung des Rentenalters als auch an der Einführung einer Mindestsicherung von 780 Euro festhalten. Rom will aber womöglich durch eine Verschiebung beider Maßnahmen um einige Monate budgetpolitischen Spielraum gewinnen und mehr Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung schaffen. Das wird kaum reichen, weil Brüssel bisher ein Defizit von unter 2 % fordert. Außerdem legt Brüssel viel geringere Wachstumsprognosen zugrunde und erwartet einen deutlich höheren Fehlbetrag als die von Rom kalkulierten 2,4 %.Gefördert worden ist die Kompromissbereitschaft durch den kräftigen Anstieg des Zinsaufschlags (Spread) für italienische gegenüber deutschen Staatsanleihen, deren Kosten für den Staatshaushalt die Banca d’Italia auf 5 Mrd. Euro schätzt. Außerdem sind einige Banken in großen Schwierigkeiten und könnten die Kreditvergabe einschränken. Durch den hohen Spread verloren die Haushalte laut Banca d’Italia im Juni 145 Mrd. Euro an Vermögenswerten und auch die Investitionsbereitschaft sowie das Wachstum gehen deutlich zurück. Am Montag reagierten die Märkte positiv: Der Aktienmarkt legte deutlich zu, der Spread ging auf bis zu 280 Basispunkte zurück. Sentix-EBI zeigt EntspannungSelbst als die italienische Regierung noch keine Entspannungssignale Richtung Brüssel in Sachen Budgetentwurf gesendet haben, haben Anleger das Austrittsrisiko Italiens aus dem Euro wieder etwas entspannter gesehen. “Offensichtlich setzen die Anleger darauf, dass Italien letztlich durch die Kapitalmärkte rechtzeitig diszipliniert wird”, kommentiert Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter mehr als 1 000 privaten und institutionellen Anlegern. Die Umfrage lief vom 22. bis 24. November.Der Anteil der Investoren, die ein Ausscheiden mindestens eines Landes aus der Eurozone innerhalb der nächsten zwölf Monate erwarten, ist im November auf 12,1 % gesunken. Im Oktober war der vom Analysehaus Sentix erhobene Euro Break-up Index (EBI) mit 13,2 % auf den höchsten Stand seit April 2017 geklettert. Der Teilindex von Italien, der laut Hübner derzeit im Wesentlichen für die Verunsicherung in der Eurozone sorgt, ist von 11,3 % auf 10,3 % gefallen. Da Italiens Rating nur noch eine Stufe oberhalb des Ramschniveaus liegt, bestehe damit kein “Raum für Irrtum” mehr, mahnt Hübner. Insgesamt präsentiere sich die Eurozone weiter in einer robusten Verfassung, was auch daran liege, dass sich die Werte für Griechenland von 4,9 % auf 3,7 % verbessert haben. “Andere Länder stehen aus Sicht der Anleger derzeit nicht in Frage”, resümiert Hübner.