MILLIARDEN GEGEN DIE CORONA-KRISE

Rom weitet Hilfsprogramm erneut aus

Regionen im Norden Italiens fordern totale Stilllegung - Wirtschaft fürchtet "irreparable Schäden"

Rom weitet Hilfsprogramm erneut aus

bl Mailand – Italiens Regierung stellt der Wirtschaft und den Haushalten des Landes wegen der Coronavirus-Krise nun bis zu 25 Mrd. Euro zur Verfügung. Das kündigte Premierminister Giuseppe Conte an. Ein entsprechendes Dekret soll vermutlich am Freitag mit Unterstützung der Opposition im Parlament verabschiedet werden. Laut Conte sind zunächst 12 Mrd. Euro vorgesehen. Der Rest diene als Reserve.Das Paket entspräche bis zu 1,1 % des Bruttoinlandsprodukts und würde das Defizit auf etwa 3,3 % treiben. Allerdings dürften auch Gelder aus Europa kommen, so dass der Defizitanstieg womöglich begrenzt wird. Die Gelder sollen in Steuererleichterungen für Unternehmen und Haushalte, Kurzarbeitsregelungen, Hilfen für Unternehmen, Einkommensbeihilfen und die Aussetzung von Kreditzahlungen fließen.Wie stark die Wirtschaft von der Pandemie betroffen sei, könne man noch nicht sagen, sagte Premierminister Roberto Gualtieri, der einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts erwartet. Die DZ Bank rechnet für Italien 2020 mit einem Minus von bis zu 3,5 %.Oppositionsführer und Lega-Chef Matteo Salvini zeigte sich zufrieden. Er fordert seit langem Hilfen von rund 30 Mrd. Euro und spricht sich für eine Ausweitung der Schutzzone auf ganz Europa aus.Mehrere Regionalpräsidenten in Norditalien verlangen eine deutliche Verschärfung der Maßnahmen und eine praktisch totale Stilllegung des öffentlichen Lebens. Attilio Fontana, Regionalpräsident der Lombardei, will den öffentlichen Verkehr stark einschränken, Betriebe weitgehend zusperren und, mit Ausnahme von Supermärkten und Apotheken, alle Geschäfte, Hotels und Restaurants schließen. Andernfalls drohten bis Mitte April zwei Millionen Coronavirus-Infektionen. “Ich habe das Gefühl, dass den Kollegen in den anderen Regionen und einigen Vertretern der Regierung nicht klar ist, wie gravierend die Lage in der Lombardei ist”, sagte Fontana. Die Forderung des Lega-Politikers wird von Salvini und den Regionalpräsidenten Piemonts und Venetiens unterstützt. Premierminister Conte, der orientierungslos wirkt, schloss eine weitere Verschärfung der Maßnahmen nicht aus.Der Industrieverband Confindustria zeigte sich schockiert. Die bisherigen Regelungen seien ausreichend und ausgewogen und müssten eingehalten werden. Würde die Wirtschaft angehalten, drohten “irreparable Schäden” und die dauerhafte Zerstörung von Lieferketten – mit unabsehbaren Folgen. Davon würden sich die Unternehmen nicht erholen.Die Regierung fürchtet, dass sich die Pandemie in den Süden ausbreitet. 11 000 Italiener sind in ihre Ferienhäuser nach Sardinien gereist. Schon das relativ leistungsfähige Gesundheitssystem des Nordens steht vor dem Kollaps. Viele Mediziner sind regelrecht verzweifelt. Der Süden des Landes wäre auf eine vergleichbare Situation hingegen überhaupt nicht vorbereitet.Mit Genugtuung wurde in Italien der Appell von Bundeskanzlerin Angela Merkel registriert, die Grenzen nicht zu schließen. Immer mehr Länder stellen die Flugverbindungen nach Italien ein. Easyjet, Ryanair, Wizz Air, Air France, British Airways und viele andere Airlines fliegen das Land nicht mehr an. Flixbus hat die Italien-Verbindungen gestrichen. Österreich und Slowenien haben die Grenzen zu Italien geschlossen.