LEITARTIKEL

Ruhe bewahren

Der Aufschwung in Deutschland scheint seinen Zenit überschritten zu haben: Seit Jahresbeginn schwächeln die Stimmungsindikatoren, und nun kommen auch noch die harten Daten niedriger als erwartet herein - die zudem den umfragebasierten Indizes...

Ruhe bewahren

Der Aufschwung in Deutschland scheint seinen Zenit überschritten zu haben: Seit Jahresbeginn schwächeln die Stimmungsindikatoren, und nun kommen auch noch die harten Daten niedriger als erwartet herein – die zudem den umfragebasierten Indizes sowieso schon lange Zeit hinterherhinken. Bevor die Schwarzmaler unter den Auguren aber das Ende des Aufschwungs ausrufen, sollten sie einen Moment innehalten. Und sei es auch nur, damit es nicht im Sinne einer selbst erfüllenden Prophezeiung zum Absturz kommt.Richtig ist, dass auf den ersten Blick die Konjunkturdaten für Januar, Februar – und soweit verfügbar März und April – enttäuscht haben. Zumal vor dem Hintergrund, dass die Rahmendaten an und für sich unverändert gut sind: Allen voran schiebt die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Wirtschaft kräftig an. Der Arbeitsmarkt zeigt sich dauerhaft robust und fördert weiterhin dank der ebenfalls steigenden Löhne den Privatkonsum. Die Teuerungsrate ist zwar gestiegen, aber nicht so stark, als dass den Arbeitnehmern nicht genug zum konsumieren im Portemonnaie verbliebe. Im Jahr 2017 etwa ist der Reallohnindex um 0,8 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Ebenfalls unverändert ist der ungewöhnlich synchrone Aufschwung der Volkswirtschaften weltweit, der den globalen Handel weiter beflügeln sollte, wovon wiederum die stark exportorientierte Wirtschaft hierzulande profitiert. Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass manche Belastungsfaktoren nur kurzfristiger Natur sind. So könnte durchaus die Witterung ihre Spuren im Zahlenmaterial hinterlassen haben. Dies zeigte sich etwa bei den Produktionsdaten im produzierenden Gewerbe im Februar, in dem die – ohnehin schwankungsanfällige – Energieerzeugung stark angestiegen ist und die wetterfühlige Bauproduktion nachgelassen hat. Auch hat die Grippewelle im Februar für einen so hohen Krankenstand wie zuletzt vor zehn Jahren gesorgt und damit ebenfalls die Produktion belastet. Einzeln betrachtet könnte die seit November andauernde Schwächephase der Produktion eine negative Indikation für das Wirtschaftswachstum sein. Und auch der Blick auf die Auftragseingänge vermag das Bild zunächst nicht rosiger zu färben. Im Januar waren sie deutlich rückläufig, im Februar sind sie nur wenig gestiegen. Geht es aber um Bestand und Reichweite, so können die Orderbücher getrost weiter als gut gefüllt bezeichnet werden, was für eine eher aufwärtsgerichtete Produktion spricht. Die Kapazitäten wiederum sind aktuell dermaßen ausgelastet, dass sie – vor allem am Bau – immer öfter auch als Hemmschuh der Produktion bezeichnet werden. Gute Voraussetzungen also, dass die Bruttoanlageinvestitionen ihren Erholungskurs fortsetzen. Zum Wendesignal taugt eher der Rückgang der Stimmungsindikatoren, wobei diese weiter auf hohem Niveau liegen und mit einer Fortsetzung des Aufschwungs kompatibel sind. Insofern handelt es sich hierbei eher um eine Normalisierung nach den euphorischen Höhenflügen. Allerdings zeigen nun auch mehrmonatigen Durchschnitte der umfragebasierten Stimmungsindikatoren nach unten, so dass ein weiteres Absinken wahrscheinlich erscheint. Dies wäre das Signal, dass das Wachstumstempo einen Gang herunterschalten wird – mehr aber auch nicht. Da die Euro-Konjunktur ein analoges Bild zeigt, könnte gerade der Rückgang der Stimmungsindikatoren die Wirtschaft stützen, da dies den Tauben im EZB-Rat zusätzlich zur immer noch niedrigen Inflationsrate Argumente liefert, die Normalisierung der Geldpolitik doch noch etwas hinauszuzögern.Gegenwind droht der deutschen Wirtschaft derzeit von mehreren Seiten: Zum einen hat der Euro im Jahresvergleich mittlerweile deutlich zugelegt. Das dämpft die Exporterwartungen, macht ein starker Euro doch Waren “Made in Germany” im Ausland teurer und dementsprechend unattraktiver. Zum anderen legt der Welthandel nicht mehr ganz so stark zu wie zuletzt. Die größte Gefahr wäre aber ein globaler Handelskrieg, ausgelöst von den Strafzöllen, die US-Präsident Donald Trump ausgesprochen hat. Vorerst sind die EU und damit auch Deutschland mit dem Schrecken davongekommen. Wenn der Ankündigungsweltmeister Trump aber wirklich all seine Ideen auch umsetzt, könnte sich dies sehr schnell ändern.Alles in allem signalisieren die Konjunkturindikatoren aktuell einen Temporückgang und keinen Konjunkturabsturz – zumindest so lange es nicht zum Handelskrieg kommt. Der Jahresauftakt mag wohl zum vergessen sein, aber das noch junge Jahr sollte nicht voreilig abgeschrieben werden.—-Von Alexandra BaudeDie jüngsten Rückgänge der Stimmungsindikatoren sollten als Normalisierung interpretiert werden. Noch ist der Aufschwung hierzulande aber nicht in Gefahr.—-