Rumoren vor dem Wohnungsgipfel
Rumoren vor dem Wohnungsgipfel
Preise von Wohnimmobilien brechen weiter ein – Neues Hilfspaket erwartet – Absagen und Kritik von zwei Verbänden
Die Preise für Wohnimmobilien sind im zweiten Quartal so stark eingebrochen wie seit über 20 Jahren nicht. Am Montag auf dem Krisengipfel im Kanzleramt wird ein neues Hilfspaket der Ampel erwartet, das für mehr günstigen Wohnraum sorgen soll. Zwei Verbände haben bereits im Vorfeld das Treffen abgesagt.
ahe Berlin
Im Vorfeld des Wohnungsgipfels am Montag im Kanzleramt gibt es weitere Alarmsignale aus der Immobilienbranche: Die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland sind im zweiten Quartal im Jahresvergleich so stark eingebrochen wie noch nie in den vergangenen mehr als 20 Jahren. Das Minus von 9,9%, das das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag meldete, war das stärkste seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000.
Reaktion auf höhere Zinsen
Gegenüber dem Vorquartal fiel der Rückgang mit 1,5% allerdings geringer aus als in den beiden Vorquartalen, als es sogar um 2,9% beziehungsweise 5,1% bergab ging. Die Preise sanken sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) verwies darauf, dass in den sieben größten Städten in Deutschland die Preise für Neubauten gegenüber ihrem Höchststand im zweiten Quartal 2022 lediglich moderat um 5,5% gesunken seien. Viel deutlicher falle der Rückgang bei Bestandsimmobilien – sowohl für klassische Altbauten als auch für Nachkriegswohnungen – aus, der bei gut 12% liege.
Die Bundesregierung hat für Montagnachmittag zu einem Krisengipfel ins Kanzleramt eingeladen, auf dem die schwierige Situation auf den Bau- und Immobilienmärkten zusammen mit den betroffenen Branchenverbänden diskutiert werden soll. Das Treffen steht unter dem Motto „Bündnis-Tag für bezahlbaren Wohnraum“. Regierungssprecher Steffen Hebestreit deutete am Freitag an, dass es ein Hilfspaket geben soll. Es werde im Rahmen des Möglichen auf die veränderten Rahmenbedingungen mit deutlich höheren Zinsen reagiert, so der Regierungssprecher.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters soll das geplante Paket weniger strenge Vorgaben für Neubauten enthalten. So solle der sogenannte „EH-40-Standard“ zur Dämmung von Häusern zeitlich befristet ausgesetzt werden, vermutlich bis zum Ende der Amtszeit der aktuellen Regierung Ende 2025. Außerdem sei ein neues Förderprogramm mit zinsgünstigen Baukrediten für Familien geplant, berichtete Reuters unter Verweis auf Insider.
Im Vorfeld des Gipfels sorgten der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW) und der Eigentümerverband "Haus & Grund" mit einer Absage und scharfer Kritik an der Regierung für Aufmerksamkeit. Sie monierten zu wenig Einfluss auf die Agenda und das geplante Hilfspaket. Es werde ohnehin nur ein Paket mit kleinteiligen Maßnahmen präsentiert, hieß es. Die zwei Verbände warfen Scholz vor, nicht angemessen auf die aktuelle Branchenkrise zu reagieren. "Wir brauchen wirklich etwas mit Wumms", betonte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Und "Haus & Grund"-Präsident Kai Warnecke nannte die Absage ein notwendiges Signal an die Regierung. "Es kann nicht so weitergehen." Die Ampel verteuere den Neubau mit dem Heizungsgesetz noch zusätzlich. Der Neubau werde massiv erschwert in einer ohnehin schon schwierigen Lage.
35 Verbände noch dabei
Regierungssprecher Hebestreit wollte den Absagen keine allzu große Bedeutung zumessen. Er verwies darauf, dass immer noch 35 Verbände und Vereinigungen teilnehmen würden. Andere Immobilienverbände kritisierten die Absage als falsch. "Wir müssen im Dialog bleiben", sagte Andreas Mattner vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA).
Zu den verschiedenen Vorschlägen, die im Vorfeld des Gipfels noch geäußert wurden, gehörte unter anderem eine Aussetzung des Neubaustandards "EH 40", der deutlich schärfere Energie- und Klimavorgaben beinhaltet. Obwohl dieser neue Standard auch Teil des Koalitionsvertrages ist, befürwortete auch die FDP eine Aussetzung. Und bei der Bundesvereinigung Bauwirtschaft hieß es: "Bei der Wohneigentumsförderung für Familien sollte die Kopplung an den EH-40-Standard zumindest temporär entfallen."
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) forderte derweil "ein klares politisches Bekenntnis zu mehr Wohneigentum", das schnell mit neuen Förderprogrammen unterlegt werden sollte.