Russische Zentralbank stemmt sich gegen Rubel-Verfall
Russische Zentralbank stemmt sich gegen Rubel-Verfall
Notenbank hebt Leitzins bei Notfallsitzung um 350 Basispunkte an – Differenzen zwischen Regierung und Währungshütern
ms Frankfurt
Nur einen Tag nach heftiger Kritik aus dem Kreml an ihrer Geldpolitik hat sich Russlands Zentralbank gegen den jüngsten Verfall des Rubel gestemmt. Die Notenbanker um Zentralbankchefin Elvira Nabiullina hoben zunächst in einer Notfallsitzung den Leitzins von 8,5% auf 12,0% an. Als dieser Schritt an den Finanzmärkten zunächst verpuffte, schoben sie wenige Stunden später eine Erklärung nach, dass weitere Zinsschritte möglich seien. Zunächst hatten sie den weiteren Zinskurs offengelassen.
Der Rubel hat im Lauf des Jahres rund 25% an Wert verloren und gehört damit zu den größten Verlierern unter den Schwellenländerwährungen. Hintergrund sind vor allem die westlichen Sanktionen gegen Russland. In den vergangenen Tagen hatte die Abwertung dann erneut Fahrt aufgenommen. Das trifft die russische Wirtschaft in einer kritischen Phase. Nach dem Überfall auf die Ukraine vor rund 18 Monaten ist Russland international weitgehend isoliert und die Wirtschaft leidet unter ausbleibenden Exporteinnahmen. Am Montag hatte ein wichtiger Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin die lockere Geldpolitik für den Rubel-Verfall verantwortlich gemacht.
Bereits am Montag hatte die Zentralbank dann eine außerplanmäßige Sitzung angesetzt. Die nächste reguläre Sitzung steht erst am 15. September an. Bei dem Treffen jetzt hoben die Notenbanker den Leitzins nun gleich um 350 Basispunkte an. Das ist die stärkste Zinserhöhung seit jener unmittelbar nach dem Überfall auf die Ukraine. Vor drei Wochen hatte die Zentralbank den Satz bei einem planmäßigen Treffen um 100 Basispunkte erhöht.
Die Notenbank begründete den Schritt damit, die Preisstabilitätsrisiken eingrenzen zu wollen. In Russland baue sich Inflationsdruck auf. "Die Auswirkungen der Rubel-Abwertung auf die Preise gewinnen an Dynamik und die Inflationserwartungen steigen", hieß es in einer Erklärung. Die Teuerungsrate in Russland war vergangenen Monat mit 4,3% über die von der Zentralbank angestrebte Marke von 4,0% hinausgeschossen. Wenige Stunden nach der Zinserhöhung und der Erklärung teilte die Zentralbank dann noch mit, dass weitere Schritte möglich seien.
Nach verbreiteter Ansicht hat die Notenbank mit ihrer Politik maßgeblich dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen abzufedern. Sie hatte wenige Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine Ende Februar 2022 wegen des damaligen Rubel-Kurssturzes den Leitzins von 9,5% auf 20% erhöht und dann schrittweise gesenkt. Nun scheint es aber zunehmend Differenzen zwischen Zentralbank und Regierung zu geben, wie die Wirtschaft gestützt werden sollte.
„Die jüngste Verschärfung der Rubel-Schwäche könnte darauf hindeuten, dass es zu Lücken in der Kapitalkontrolle gekommen sein und das Kapital dadurch möglicherweise immer schneller aus Russland fliehen könnte“, sagte Ulrich Leuchtmann, Leiter Währungsstrategie bei der Commerzbank, zu Bloomberg. „Die Zinserhöhung wird diejenigen kaum überzeugen, die möglicherweise die Wahl haben, ihr Kapital in Russland zu behalten.“