Russland senkt Leitzins um 50 Basispunkte

Geringere Inflation macht radikalen Schritt möglich

Russland senkt Leitzins um 50 Basispunkte

est Moskau – Elvira Nabiullina, Chefin der russischen Zentralbank, hatte bereits vor einer Woche in einem Interview angedeutet, dass man bei der Leitzinssenkung nun “entschlossener” vorgehen könnte. Gesagt, getan. Am Freitag reduzierte der Aufsichtsrat der Zentralbank den Schlüsselzinssatz um ganze 0,5 Prozentpunkte auf nunmehr 6,5 %. Für zwei Drittel der von Reuters befragten Analysten kam dies dennoch überraschend – sie hatten einen Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten prognostiziert. Zuletzt nämlich war die Zentralbank immer in dieser Schrittgröße vorgegangen. Seit Beginn des Jahres hatte sie den Schlüsselzinssatz bereits dreimal um 25 Basispunkte abgesenkt.Dass sich die obersten Währungshüter nun als entschlossener erwiesen, hat vor allem mit der deutlichen Verlangsamung der Inflation zu tun. Erst vor vier Tagen hatte das staatliche Statistikamt Rosstat mitgeteilt, dass die Jahresteuerung 3,8 % beträgt, was unter dem von der Zentralbank ausgegebenen Inflationsziel von vier Prozent liegt.Die Abschwächung der Inflation gehe schneller vor sich als prognostiziert, während das Tempo beim Wirtschaftswachstum verhalten bleibe, schreibt die Zentralbank in ihrer Erklärung: Die deflatorischen Faktoren seien stärker geworden, die inflatorischen Risiken seien nicht eingetreten. Unter anderem wirke die schwache Nachfragedynamik preisdämpfend. Auch die Inflationserwartung sei zurückgegangen. Bezeichnenderweise hat der Rubel seit der letzten Zentralbanksitzung vom September aufgewertet, obwohl der für Russland so zentrale Ölpreis im selben Zeitraum gefallen ist.Mit der Leitzinssenkung hat die Zentralbank am Freitag daher auch ihre Inflationsprognose für das Gesamtjahr nach unten korrigiert. Hatte sie bisher 4 bis 4,5 % Teuerung vorausgesagt, so nun 3,2 bis 3,7 %. Der Rubel reagierte gestern anfänglich gar nicht auf den Zinsentscheid. Später legte er sogar zu. Experten erklären dies unter anderem damit, dass die Zentralbank die Prognose für den Kapitalabfluss für dieses und die beiden folgenden Jahre nach unten korrigierte. Weitere Senkung möglichDie Zentralbank schloss am Freitag nicht aus, dass sie auf ihrer nächsten Zinssitzung am 13. Dezember noch eine weitere Senkung vornimmt. Eigentlich hatte sie seit 2014 sehr vorsichtig Richtung Lockerung der Geldpolitik gehandelt. Damals nämlich hatte sie – vor dem Hintergrund der Krim-Annexion und des massiven Ölpreisverfalls – den Leitzins in einem Kraftakt von 10,5 auf 17 % hochgerissen, um einen knapp bevorstehenden Bank Run und einen Zusammenbruch des Finanzsystems abzuwenden.