Russlands Zentralbank senkt Leitzins auf Rekordtief
est Moskau – Lange hatte sich die auf Inflationsbekämpfung fokussierte russische Zentralbank den Ruf erworben, nur sehr zögerlich zum Mittel der Zinssenkung zu greifen. Seit Anfang 2020 jedoch geht sie dabei rasant vor. Zuletzt am gestrigen Freitag, als sie den Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld um einen Viertelpunkt auf 4,25 % und damit auf einen historischen Tiefststand herabsetzte. Experten hatten mehrheitlich sogar mit einem halben Punkt gerechnet. Es war die bereits vierte Zinssenkung binnen eines halben Jahres.Ungewöhnlich offen signalisierte Zentralbankchefin Elvira Nabiullina auch, dass sie bei Bedarf weitere Zinsschritte nach unten vornehmen könnte. “Alles in allem dürfte es noch Spielraum für Lockerungen geben”, sagte die Ökonomin, die seit 2013 die Geldpolitik des Landes steuert.Als Erklärung für den gestrigen Schritt gibt die Zentralbank an, dass die jüngste Erholung der Wirtschaft aufgrund der Einkommensrückgänge, der zurückhaltenden Konsumaktivität, der verhaltenen Stimmung bei Unternehmern und der beschränkten Auslandsnachfrage nicht stabil sein könnte.Da die Regierung aus Angst vor neuen Einnahmeverlusten extrem sparsam mit Konjunkturprogrammen ist, kommt der Zentralbank in der Stimulierung der Wirtschaft angesichts des Ölpreisverfalls und der Corona-Pandemie eine große Rolle zu. Russland hat weltweit die vierthöchste Zahl an Infizierten.Die Währungshüter rechnen nun damit, dass das Bruttoinlandsprodukt 2020 um 4,5 % bis 5,5 % schrumpfen wird. Bisher hatten sie für 2020 ein Minus von 4 % bis 6 % auf der Rechnung gehabt. 2021 soll es dann wieder Wachstum geben.