Sachverständige Schnitzer schlägt Steuerhilfen vor
jh München – Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer plädiert für eine steuerliche Unterstützung der Unternehmen in Deutschland, um die Coronakrise besser zu überstehen. Im Club Wirtschaftspresse München wandte sie sich gegen ein Konjunkturpaket sowie finanzielle Anreize vom Staat für den Kauf von Autos und kritisierte die Abhängigkeit Deutschlands von dieser Branche.Schnitzer, die seit April Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist, empfiehlt, die Steuerzahlungen für 2019 um die Verluste in diesem Jahr zu mindern. “Ein Verlustrücktrag käme allen Unternehmen zugute, ohne in einzelne Branchen einzugreifen”, sagte die Professorin der LMU München und Expertin für Digitalisierung, Innovation und Wettbewerb.Von einer Förderung zum Kauf von Autos, die die Hersteller und zahlreiche Zulieferer fordern und bereits mit der Politik diskutieren, hält sie nichts. Die in der Finanzkrise vor gut zehn Jahren gezahlte Umweltprämie, auch Abwrackprämie genannt, von insgesamt 5 Mrd. Euro sei teuer und ineffektiv gewesen. Das Geld sei vor allem für ausländische Autos ausgegeben worden. Sie argumentiert zudem, die Autokonzerne hätten in den vergangenen Jahren sehr viel verdient, hohe Rücklagen aufgebaut und zahlten weiter Dividenden.Die erhebliche Bedeutung der Autoindustrie in Deutschland hält die Ökonomin für problematisch. “Wir müssen es als Land schaffen, weniger von einer Branche abhängig zu sein”, sagte sie. Auch das große Gewicht der Märkte in China und den USA sieht sie kritisch.Die Autoindustrie argumentiere für die Hilfe vom Staat mit ihren vielen Arbeitsplätzen. “Doch wir müssen in einen Modus für zukunftsfähige Technologien kommen”, empfahl Schnitzer. Sie hob die Digitalisierung und den Klimaschutz hervor. Zur Minderung der Kohlendioxid-Emissionen habe die Autoindustrie nichts beigetragen, sagte sie. Eine höhere Effizienz werde mit immer größeren Motoren konterkariert. Kritik am Urteil zur EZBSchnitzer äußerte sich besorgt zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der EZB. Es bedeute erstens einen Eingriff in die Unabhängigkeit der EZB, die letztlich in Frage gestellt werde, monierte sie. Zweitens gehe das deutsche Gericht den Europäischen Gerichtshof massiv an und erkläre ihn für inkompetent. “Das ist ein merkwürdiger Umgang”, sagte Schnitzer: “Ich habe große Sorge, dass das Schule machen wird.” Damit werde die Rechtssicherheit in Europa in Frage gestellt und so auch das Fundament der Wirtschaft.