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Sánchez kehrt an die Spitze der spanischen Sozialisten zurück

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 23.5.2017 Gut ein halbes Jahr nach seinem erzwungenen Rücktritt von der Parteispitze haben die Mitglieder der sozialistischen spanischen Arbeiterpartei (PSOE) Pedro Sánchez am Sonntag erneut zum...

Sánchez kehrt an die Spitze der spanischen Sozialisten zurück

Von Thilo Schäfer, MadridGut ein halbes Jahr nach seinem erzwungenen Rücktritt von der Parteispitze haben die Mitglieder der sozialistischen spanischen Arbeiterpartei (PSOE) Pedro Sánchez am Sonntag erneut zum Generalsekretär erkoren. Der 45-jährige Madrilene setzte sich bei der Urwahl mit 50 % der Stimmen überraschend deutlich gegen die zuvor favorisierte Ministerpräsidentin von Andalusien, Susana Díaz (40 %), und den ehemaligen Regierungschef des Baskenlandes, Patxi López (10 %), durch. Anfang Oktober war Sánchez vom Amt zurückgetreten, nachdem die erweitere Parteiführung gegen seinen Kurs protestierte, eine konservative Minderheitsregierung unter Mariano Rajoy zu verhindern und stattdessen eine Alternative mit der Linkspartei Podemos und den katalanischen Nationalisten auszuloten. Außenseiter auf ÜberholspurSánchez, der auch sein Abgeordnetenmandat niederlegte, ging als Außenseiter ins Rennen um die Gunst der 187 000 stimmberechtigten Mitglieder der PSOE – eine Rolle, die er auszuschlachten wusste. Díaz aus Andalusien, einwohnerstärkste Region Spaniens und eine traditionelle Hochburg der Sozialisten, hatte den Parteiapparat hinter sich. Dies waren unter anderem die ehemaligen Ministerpräsidenten Felipe González und José Luis Rodríguez Zapatero und fast alle anderen sozialistischen Regierungschefs. Viele Kommentatoren sehen in dem Erfolg des Außenseiters ein ähnliches Aufbegehren gegen das Establishment, das auch bei den Siegen des Brexit und von Donald Trump eine wichtige Rolle gespielt hatte.Der alte und neue Oppositionsführer hatte sich 2014 erstmals bei einer Urwahl zum PSOE-Chef überraschend durchsetzen können. Bei den Parlamentswahlen im Dezember 2015 blieben die Sozialisten zwar klar hinter Rajoys Volkspartei (PP) zurück, doch Sánchez schmiedete danach ein Bündnis mit der liberalen Ciudadanos. Bei der Wahl zum Ministerpräsidenten verweigerte ihm dann aber Podemos die nötige Unterstützung, so dass es im Juni zu Neuwahlen kam, bei denen die PSOE noch schlechter abschnitt.Während der Kampagne verlangte Sánchez einen Linksruck der Sozialisten, der auch eine Annäherung an Podemos und andere linke Kräfte einschließt. Die jüngsten Korruptionsskandale der PP haben ihm offenbar viel Rückenwind verschafft. Sánchez will Rücktritt RajoysAls erste Amtshandlung, nach seiner offiziellen Ernennung auf einem Parteitag Mitte Juni, will Sánchez den Rücktritt Rajoys fordern. Podemos bot ihm am Montag an, einen bereits im Parlament eingereichten Antrag für ein Misstrauensvotum gegen den Regierungschef zurückzuziehen, wenn die PSOE stattdessen einen eigenen einreicht.Rajoy warnte derweil davor, die politische Stabilität als Grundlage des soliden Wirtschaftswachstums aufs Spiel zu setzen. Die Einberufung vorgezogener Neuwahlen schloss er aus. Mit der Kooperation der PSOE unter Sánchez werden die Konservativen nun kaum noch rechnen können. In den letzten Wochen hat die Minderheitsregierung daher mit Ciudadanos, den baskischen Nationalisten der PNV und zwei Abgeordneten von kanarischen Regionalparteien verhandelt, um den Haushalt auch ohne die PSOE durchs Parlament zu bringen. “Die PP fürchtet nichts mehr als eine geeinte PSOE”, sagte Sánchez. Doch nach den für Parteigenossen ungewöhnlich scharfen Attacken zwischen Sánchez und Díaz wird es nicht leicht, den Riss in der PSOE zu kitten.