Sánchez pokert hoch für Sozialmaßnahmen
Sánchez pokert für Rentenerhöhung
Spaniens Ministerpräsident offen für Vertrauensfrage – Neuer Beschäftigungsrekord
ths Madrid
Die linke Minderheitsregierung von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hat auf den letzten Drücker wichtige Maßnahmen gerettet, dabei aber einmal mehr ihre politische Schwäche offenbart. Die Sozialisten des Regierungschefs verständigten sich am Dienstag mit den katalanischen Separatisten von Junts auf ein Gesetzpaket, das die Anhebung der Renten und des Grundeinkommens, die Fortführung kostenloser Angebote im öffentlichen Transport und Hilfsgelder für die Opfer der Flutkatastrophe enthält.
Letzte Woche hatte Junts mit der konservativen Volkspartei PP und der rechtspopulistischen Vox das Maßnahmenpaket der Regierung im Parlament zu Fall gebracht. Beim zweiten Anlauf wurden Aspekte wie die Förderung der Elektromobilität und Unternehmenssteuern ausgeklammert. Die sieben Abgeordneten der Partei des Separatistenführers Carles Puigdemont, der sich weiterhin vor dem Zugriff der spanischen Justiz in Belgien aufhält, sind entscheidend für die Mehrheit der Linksregierung im Unterhaus.
„Am Ende klappt doch immer alles“, erklärte Sánchez auf einer Pressekonferenz am Dienstag. Doch der Preis ist hoch. Im Gegenzug zur Zustimmung für die Rentenerhöhung und die übrigen sozialen Maßnahmen, akzeptiert Sánchez, dass im Parlament eine Debatte über eine mögliche Vertrauensfrage geführt wird, so wie es Junts seit Monaten fordert. Debatte ja, aber die Regierung sehe keine Notwendigkeit, dass es tatsächlich zur Vertrauensfrage kommen müsse, beteuerte der Sozialist. Die konservative Junts versucht seit langem, die Regierung vor sich herzutreiben. Zur Variante eines konstruktiven Misstrauensvotums können sich die Separatisten allerdings nicht durchringen. Denn das würde bedeuten, dass sie eine rechtsnationale Regierung in Spanien unterstützen müssten.
Starke Konjunktur
Sánchez hat eine Hürde genommen. Doch wird er die Stimmen von Junts jedes Mal teuer erkaufen müssen, etwa bei der Zustimmung zum überfälligen Haushaltsplan 2025. Die Konservativen beschuldigten den Regierungschef, die Interessen des Landes dem Willen Puigdemonts unterzuordnen.
Die Linksregierung schwimmt derweil auf einer anhaltend robusten Konjunkturwelle, vor allem am Arbeitsmarkt. Im letzten Jahr wurde ein neuer Rekord mit 21,86 Millionen Erwerbstätigen erzielt, wie die vierteljährlicher Erhebung EPA des Statistikamtes INE am Dienstag ergab. Die Arbeitslosenquote sank auf 10,6%. Das ist der niedrigste Stand in Spanien seit 2007, also vor dem Platzen der Immobilienblase.
Im vergangenen Jahr entstanden netto 472.000 neue Stellen, ein Zuwachs von 2,2% gegenüber 2023, als der Anstieg freilich noch höher ausgefallen war.
Kürzere Arbeitszeit
Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt ist dem robusten Wachstum geschuldet. Das spanische Bruttoinlandprodukt wird nach Einschätzung aller Volkswirte 2024 um mehr als 3% gestiegen sein. Für dieses Jahr rechnen die Experten mit einem Wachstum von deutlich über 2%. Die treibenden Faktoren sind der Tourismus-Boom und die Milliarden aus den NextGenerationEU-Fonds.
Die Arbeitsmarktreform der Linksregierung hat einen deutlichen Rückgang der früher chronisch hohen Zeitarbeit auf nunmehr 15% bewirkt. Doch Spaniens Arbeitnehmer warnen vor weiteren Maßnahmen am Arbeitsmarkt, wie der Absenkung der Arbeitswoche auf 37,5 Stunden, auf die sich die Koalitionspartner verständigt haben.
Kommentar zur Lage in Spanien: Konjunktur ist kein Selbstläufer
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