S&P senkt den Daumen für Chinas Länderbonität

Ratingnote fällt wie zuvor bei Moody's um eine Stufe - Ärgernis für Peking - Geringe Marktkonsequenzen

S&P senkt den Daumen für Chinas Länderbonität

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie Ratingagentur Standard & Poor’s (S & P) senkt die Länderbonitätsnote Chinas um eine Stufe von “AA-” auf “A+” und stuft das Rating damit erstmals seit 1999 wieder herab. Die Maßnahme war zwar nicht zu diesem Zeitpunkt erwartet worden, kommt aber nicht völlig überraschend, da China bei S & P bereits mit negativem Ausblick auf der Überprüfungsliste stand. Der Schock kam schon im MaiMit der Herabstufung wird bei S & P die Kreditwürdigkeit Chinas auf dem fünfthöchsten Rang in der Ratingskala geführt und damit nun auf gleichem Niveau wie bei den anderen beiden großen Agenturen Moody’s und Fitch angesiedelt. Letztere hatte bereits 2013 reagiert, während Moody’s Ende Mai dieses Jahres eher unerwartet die Bonitätsnote für China um eine Stufe von “Aa3” auf “A1” senkte und damit für einigen Wirbel sorgte (vgl. BZ vom 25. Mai). Der Ausblick für Chinas Länderrating wird nun seitens der drei Agenturen bei “stabil” angesiedelt, so dass auf absehbare Zeit keine Herabstufungen mehr zu erwarten sind.In der von Standard & Poor’s angeführten Begründung für den Ratingschritt sieht man denn auch eine sehr ähnliche Argumentation wie bei Moody’s vor einigen Monaten. So wird auf ein hohes Tempo des Kreditwachstums und eine wachsende Kluft zwischen einer ansteigenden Gesamtverschuldung im Reich der Mitte bei eher gedrosselten langfristigen Wachstumsperspektiven der Wirtschaft verwiesen.Knackpunkt ist dabei die in den letzten Jahren stark anziehende Verschuldung im Unternehmenssektor, die bei mittlerweile knapp 170 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einen auch im internationalen Maßstab hohen Wert erreicht. Demgegenüber ist sowohl die Staatsverschuldung bei etwa 47 % des BIP wie auch die bei den privaten Haushalten anfallende Quote von rund 45 % auf einem gemäßigten Niveau.Chinas Wirtschaftslenker haben in diesem Jahr eine Finanzstabilitätskampagne orchestriert, die auf geldpolitischer, struktureller und finanzregulatorischer Ebene zum “Deleveraging”, also zu einer Rückführung der Verschuldungslasten, beitragen soll. Dabei hat auch die überraschend robuste diesjährige Konjunkturverfassung und der kräftige Anstieg der Unternehmensgewinne zu einer ersten Entschärfung der an den internationalen Märkten viel thematisierten chinesischen Schuldenproblematik beigetragen. Ermunterung zu ReformenBei den Analysten ist man eher geteilter Meinung, ob die Ratingaktionen von Moody’s und S & P tatsächlich die Gefahr einer fundamentalen Bonitätsverschlechterung und damit höhere Ausfallrisiken für Investoren reflektieren oder eher als eine Art Warnschuss zu gelten haben, mit dem die internationale Finanzgemeinde Peking zu einem beschleunigten Reformkurs “ermuntert”.In jedem Fall verweisen Marktexperten darauf, dass die Ratingabstufungen eher “hinter der Kurve liegen”, weil sie zu einem Zeitpunkt erfolgt sind, da Chinas Wirtschaftsdynamik nach einer längeren Abkühlungsphase wieder zulegen konnte, während sich erste Fortschritte bei der Senkung von Verschuldungsrelationen einstellen. Aus Sicht von Peking gilt der jüngste Schritt von S & P insofern als Ärgernis, als er mitten in die Vorbereitungen des am 18. Oktober beginnenden großen Parteikonvents fällt, mit dem alle fünf Jahre wichtige politische Weichenstellungen und eine Neubesetzung von Führungspositionen in den Spitzengremien der Kommunistischen Partei erfolgen. In dieser Phase ist jegliches Störfeuer gerade auch am Finanzmarkt besonders unerwünscht. Entwarnung am BondmarktAllerdings rechnen die Marktteilnehmer mit nur sehr geringen Preisanpassungen für Fremdwährungsanleihen von chinesischen Unternehmensemittenten, während die Regierung bei der Anleihefinanzierung nicht auf internationale Märkte angewiesen ist. In Peking scheint man diesmal gelassener mit der Materie umzugehen. Am Donnerstag erfolgten keine offiziellen Reaktionen aus Regierungskreisen, was im Kontrast zur Resonanz auf die Moody’s-Entscheidung im Mai steht. Damals reagierte das Finanzministerium regelrecht wütend und geißelte Moody’s für ein Verkennen der chinesischen Wirtschaftsdynamik und eine unangemessene Rating-Methodik.