Sanktionen gegen Russland verhängt

Streit mit Großbritannien weitet sich zu internationalem Konflikt aus

Sanktionen gegen Russland verhängt

Reuters London/Moskau – Wegen des Giftgas-Attentats auf einen ehemaligen russischen Doppelagenten geht Großbritannien auf offenen Konfrontationskurs zu Russland und hat erste Strafmaßnahmen verhängt. 23 Diplomaten mit einem Geheimdienst-Hintergrund müssten binnen einer Woche nach Russland zurückkehren, sagte Premierministerin Theresa May im Parlament. Grenzkontrollen würden verschärft, Vermögen werde eingefroren, wenn es für feindliche Aktionen genutzt werde. “Es gibt keinen Platz für diese Menschen oder ihr Geld in unserem Land”, sagte sie. Kontakte auf Regierungsebene würden bis auf weiteres eingefroren. An Russlands Schuld gebe es keine Zweifel. Der UN-Sicherheitsrat wird sich in einer Sondersitzung noch am Mittwoch mit dem Fall befassen, die Nato am Donnerstag. Er wird auch Thema beim EU-Gipfel nächste Woche. Die USA, die Nato, die EU und Deutschland hatten sich hinter die Briten gestellt.Die russische Botschaft in London erklärte, die alleinige Verantwortung für die Verschlechterung der Beziehungen trage die britische Regierung. “Wir betrachten diese feindselige Handlung als völlig unakzeptabel, ungerechtfertigt und kurzsichtig”, hieß es in einer Stellungnahme der Botschaft. Zuvor hatte Russland ein Ultimatum der Briten verstreichen lassen. Die britische Regierung hatte darin Aufklärung über den Anschlag auf den 66-jährigen Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter verlangt. Russland hatte dies abgelehnt und stattdessen eine Probe des Gases gefordert.Der Streit zwischen den Ländern hat sich inzwischen zu einem internationalen Konflikt ausgeweitet. Außenminister Sergej Lawrow hatte den Briten vorgeworfen, sie hätten nicht einmal eine Anfrage zu dem Nervengift gestellt. Sollten Sanktionen verhängt werden, werde man reagieren. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, die Attacke werde Thema beim EU-Gipfel nächste Woche. Auch die Nato zeigte sich in einer Stellungnahme der Mitgliedstaaten zutiefst beunruhigt über den ersten Nervengas-Einsatz auf ihrem Gebiet seit Gründung des Bündnisses 1949. Rückendeckung hatte May zudem bei Telefonaten unter anderem mit US-Präsident Donald Trump und Kanzlerin Angela Merkel bekommen. Weitere Maßnahmen möglichGroßbritannien, das häufig Ziel russischer Geheimdienst-Aktionen war, schloss bei neuen Provokationen weitere Sanktionen nicht aus. “Was wir heute vorgestellt haben, sind die Sofortmaßnahmen”, sagte ein Sprecher Mays. “Wir gehen Schritt für Schritt vor.” Schon die Ausweisung von 23 Diplomaten ist die größte derartige Aktion seit 30 Jahren. Die Leistungsfähigkeit der russischen Geheimdienste in Großbritannien soll zudem in den kommenden Jahren “grundlegend verschlechtert” werden. Sie sollen auch daran gehindert werden, sie wiederaufzubauen. Das Innenministerium will prüfen, inwieweit die Gegenspionage verstärkt werden muss. Ziel soll sein, feindliche Aktivitäten ausländischer Agenten im Land einzudämmen.