Sauereien ante portas
Afrika ist derzeit hui, Amerika definitiv pfui. An der handelspolitischen Front schwelgt das Reich der Mitte nach einem aufwendigen China-Afrika-Kooperationsforum im brüderlich-wirtschaftlichen Miteinander zum schwarzen Kontinent, für den man Investitionsmittel über 60 Mrd. Dollar lockermachen will. 60 Mrd. Dollar ist auch das Volumen an US-Exporten, das demnächst mit chinesischen Zusatzzöllen belegt werden könnte, wenn US-Präsident Donald Trump mit einer angedrohten gewaltigen Ausdehnung von US-Zöllen gegen China in die Vorlage gehen sollte.Zu den handelspolitischen Sauereien kommt eine Schweinezuchtproblematik hinzu, an der die Amerikaner allerdings unschuldig sind und die eher den schwarzen Kontinent in Misskredit bringt. In China ist seit einigen Wochen die Afrikanische Schweinepest neu ausgebrochen, eine Seuche, die in der Symptomatik der Klassischen (und übrigens europäischen) Schweinepest ähnlich ist, aber nicht nur durch direkten Tierkontakt, sondern auch die Verfütterung von kontaminierten Schweinefleischprodukten übertragen werden kann. An dem Ausbruch in China sind so nicht irgendwelche afrikanischen Länder schuldig, aber der Name ist natürlich in aller Munde. *Veterinärwissenschaftlern zufolge könnte die extrem ansteckende und nur äußerst schwer in den Griff zu bekommende “Pestis Africana Suum” verheerende Auswirkungen für Chinas Agrarwirtschaft und die weltweit mit Abstand größte Schweinezucht haben. Im vergangenen Jahr belief sich die Produktion auf 53,4 Mill. Tonnen oder – um es imposanter klingen zu lassen – gut 53,4 Mrd. Kilo, die übrigens kein Exportschlager sind, sondern praktisch ausschließlich im eigenen Land verspeist werden.Nimmt man noch die rund 1,6 Mrd. Kilo an Importen hinzu, landet man auf die 1,4 Mrd. Menschen starke chinesische Bevölkerung heruntergebrochen bei einer Pro-Kopf-Versorgung von fast 40 Kilo im Jahr, was auch im internationalen Vergleich ein stolzer Wert ist, aber dennoch gegenüber deutschen Wurstesser-Gewohnheiten verblasst, welche die Bundesrepublik mit fast 50 Kilo Schweinefleischkonsum im Jahr dastehen lassen.Sollte Chinas Schweinepopulation von der afrikanischen Seuche dezimiert werden, würden die US-Schweineproduzenten gern in die Bresche springen. Immerhin gibt es bereits reichliche Verknüpfungen, nachdem der weltgrößte Schweinefleischwarenhersteller Smithfield Foods vor einigen Jahren von der chinesischen Shuanghui übernommen wurde. Der Handelskonflikt aber zerstört die bilaterale Schinkenwarenharmonie, denn Schweinefleischprodukte befinden sich bereits auf der Liste von Produkten, die im Juli bei der ersten Runde von gegenseitig verhängten Zöllen mit von der Partie waren. Im Zweifelsfall wird dann in erster Linie bei beginnender Schweinefleischversorgungslücke die EU als globaler Topexporteur für Schweinefleisch in die Bresche springen müssen. *Über eins muss man sich allerdings im Klaren sein. Sollte die Schweinepest tatsächlich in China um sich greifen, kann kein anderes Land mehr genügend Nachschub liefern. Bei einem seuchenbedingten Rückgang der chinesischen Schweinefleischproduktion um etwa 17 % würde laut Expertenberechnungen das gesamte Volumen des weltweiten grenzüberschreitenden Schweinefleischhandels nicht mehr ausreichen, die chinesische Nachfragelücke zu stopfen. Das klingt nach einem globalen Verteilungskampf um Schweinefleisch – gut nur, dass China für solche Fälle bestens gerüstet ist.Während sich die meisten Länder Erdöl- und Erdgasreserven zulegen, um im Notfall die Energieversorgung gewährleisten zu können, gönnt sich China zudem als einziges Land der Erde eine nationale strategische Schweinfleischreserve in tiefgekühlter Form. Sie könnte möglicherweise schon im kommenden Jahr im großen Stil beansprucht werden müssen, was zumindest kalendarisch auch irgendwie passen würde. Denn nach dem chinesischen Mondkalender wird das Jahr 2019 im Tierkreiszeichen des Schweins stehen.