Saurer Cocktail
Wer noch immer auf eine rasche Belebung der Konjunktur in China hofft, wird am neuesten Wirtschaftsdatenmix schwer zu schlucken haben. Von der Industrieproduktion über die Anlageinvestitionen bis zu den Erzeugerpreisen deutet alles darauf hin, dass das Reich der Mitte an Schwung verliert. Nun kommen noch Außenhandelsdaten hinzu, die sauer aufstoßen.Noch bevor sich drohende Handelsstreitigkeiten zwischen China und der EU überhaupt entladen können, wartet der Exportweltmeister mit stagnierenden Außenhandelssalden auf. Die vermeintlich robuste Ausfuhrentwicklung der letzten Monate erweist sich nun doch als statistische Fata Morgana: Die Behörden haben bei fingierten Exportgeschäften via Hongkong zur Umgehung von Kapitalverkehrsbeschränkungen stärker durchgegriffen – und schon fällt das verdächtige Exportwunder in sich zusammen.Bereinigt um die nicht mehr vorhandene Schubkraft im Außenhandel lassen ein stagnierendes Wachstum der Industrieproduktion und weniger dynamische Anlageinvestitionen vermuten, dass die chinesische Wachstumsrate im zweiten Quartal eher nach unten zeigt.Die chinesische Regierung predigt Strukturwandel und will auf einen künstlichen Konjunkturstimulus verzichten. Was aber geht geldpolitisch? Ein auffälliger Inflationsrückgang im Mai samt verschärfter Deflation auf Ebene der Erzeugerpreise weckt erste Erwartungen, dass die Zentralbank nun mit einer Zinslockerung in die Bresche springen könnte.Die People’s Bank of China hat allerdings ihrerseits mit einem dubiosen Cocktail zu kämpfen. Die Geldmengenexpansion lag mit zuletzt 15,8 % noch immer deutlich über der Zielmarke bei 13 %. Die explosionsartige Vermehrung von Schattenbankfinanzierung lässt Finanzstabilitätsrisiken auf die Agenda rücken. Und dann ist da noch die hartnäckige Immobilienpreisblase, der man keine weitere Nahrung verschaffen darf.Im hässlichen Trade-off zwischen wachsenden Finanzrisiken und stotternder Konjunktur ist mit einer Zinssenkung kaum etwas zu gewinnen. In Peking wird man tunlichst vermeiden, auf diese Weise Konjunkturalarm auszurufen. Staatspräsident Xi Jinping ließ beim US-Besuch seinen Gegenpart Barack Obama fröhlich wissen, dass man sich mit dem gegenwärtigen Wachstumstempo völlig zufrieden gibt. Auch an den Märkten wird man sich daran gewöhnen müssen, dass die im ersten Quartal erreichten 7,7 % Wachstum für dieses Jahr schon das Höchste der Gefühle sein könnten.