Scharfe Kritik aus der Wirtschaft
wf Berlin
Aus der Wirtschaft hagelt es scharfe Kritik am Lieferkettengesetz. „Mit heißer Nadel gestrickt“, wertete die Arbeitgebervereinigung BDA den Entwurf mit dem offiziellen Namen ,Sorgfaltspflichtengesetz“, den das Bundeskabinett in Berlin am Mittwoch verabschiedete. Der Entwurf werfe viele offene Fragen auf und schaffe Rechtsunsicherheit, stellte die BDA fest. Die Vorgaben seien in ihrer Tragweite nicht handhabbar. Der Maschinenbauverband VDMA bezeichnete die angedrohten Sanktionen als „völlig überzogen“. Die Bußgelder könnten im Einzelfall für Unternehmen sogar den Ruin bedeuten. Der Entwurf greife zudem weit in den Mittelstand ein. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie, nannte das Gesetzgebungsverfahren „eine Farce“. Gerade mal einen Nachmittag hätten die Verbände Zeit gehabt, eine Stellungnahme zum Referentenentwurf abzugeben. Deutsche Unternehmen stünden weltweit für höchste Umwelt- und Sozialstandards und verbesserten damit in vielen Produktionsländern die Lebens- und Arbeitssituation von Menschen. Die Bundesregierung erwecke stattdessen den Eindruck, die deutsche Wirtschaft trete die Menschenrechte mit Füßen.
Das Bundeskabinett hatte zuvor in Berlin den Entwurf eines „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ beschlossen. Nach langem Ringen hatten sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier geeinigt. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
Menschenrechte achten
Durch das Gesetz werden in Deutschland ansässige Unternehmen für die Achtung international anerkannter Menschenrechte bei ihren direkten Zulieferern in die Verantwortung genommen. Bei indirekten Anbietern in der Lieferkette gilt dies, wenn Menschenrechtsverstöße ihnen substanziiert bekannt werden. Umweltrisiken sind erfasst, soweit sie zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Laut Entwurf gilt das Gesetz von 2023 an verbindlich für die rund 600 Unternehmen mit mindestens 3000 Beschäftigten und von 2024 an für die rund 2900 Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten. Betroffene können sich vor deutschen Gerichten von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften vertreten lassen und sie zur Prozessführung ermächtigen. Kontrollinstanz und Ratgeber ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Behörde kann Buß- und Zwangsgelder verhängen – in der Spitze bis zu 2% des weltweiten Konzernumsatzes.