Schatzkanzler in Erklärungsnöten
Dass Schatzkanzler Kritik einstecken müssen, ist nicht ungewöhnlich. Dass Australiens “Treasurer” Joe Hockey aber ausgerechnet von einem Parteikollegen und Amtsvorgänger öffentlich gescholten wird, ist zumindest peinlich, wenn nicht sogar besonders schmerzhaft. Peter Costello, der unter dem langjährigen konservativen Premierminister John Howard amtierte, hat Hockey in seiner Kolumne in den Blättern der News-Gruppe von Rupert Murdoch erneut in die Mangel genommen. Diesmal grantelte der am längsten amtierende Schatzkanzler der australischen Geschichte, dass seinem Nachfolger die Diskussion um “niedrigere, einfachere und gerechtere Steuern” aus dem Ruder geraten sei. “Niedriger, einfacher und gerechter sieht eher aus wie ein morbider Witz”, höhnte Costello, der offenbar nicht viel von Hockey und dessen Boss, Premierminister Tony Abbott hält. Hockey ließ das natürlich nicht lange auf sich sitzen und keilte zurück, wenn er so im Geld schwämme wie damals Costello, könne er auch leicht Veränderungen vornehmen. “Wenn ich die gleichen Einnahmen wie er hätte, bekäme ich jedes Jahr 25 Mrd. austr. Dollar, die ich ausgeben könnte.”Kritiker hatten Costello schon zu Amtszeiten vorgeworfen, dass er den damals schier unaufhörlichen Steuer-Geldsegen aus dem Rohstoffboom des Jahrhunderts nicht vernünftig angelegt, sondern mit Steuergeschenken verprasst hatte, für die die Regierung noch heute zahlt. Wer auch immer sich mit seinen Argumenten durchsetzt, es darf damit gerechnet werden, dass dies nicht der letzte Streit zwischen den Parteikollegen war, die seinerzeit sogar derselben Regierung angehörten.Eines der Hauptprobleme Hockeys – und das räumen sogar seine Feinde ein – ist der abgestürzte Preis für Eisenerz. Zur Zeit ist es nur noch rund 50 austr. Dollar pro Tonne wert, weniger als die Hälfte des Preises vor zwölf Monaten und nicht einmal 30 % dessen, was es auf seinem Höhepunkt 2011 wert war. Nun ist Eisenerz aber der wichtigste Exportartikel Australiens und Premier Abbott erklärte nun, dies würde einen Verlust von 30 Mrd. austr. Dollar an Steuergeldern über die nächsten vier Jahre bedeuten. Ein herber Schlag für seine konservative Regierung, die bei ihrem Amtsantritt vor 19 Monaten vollmundig versprochen hatte, die von den “Labor-Sozis” ruinierten Staatsausgaben zu reduzieren und bald wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Ein ausgeglichener Haushalt ist bereits auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben worden, unter den jetzigen Voraussetzungen werden Abbott und Hockey Jahrelang neue Schulden aufnehmen müssen. Im laufenden Finanzjahr 2014/2015 wird mit einem Minus von rund 40 Mrd. austr. Dollar gerechnet.Hockey hatte sogar eingeräumt, dass sein Ministerium bei den Vorhersagen für die zukünftige Preisentwicklung von Eisenerz sogar Szenarien mit einem Preis von nur noch 35 austr. Dollar pro Tonne durchspielt. Dies würde dann aber nicht nur die Steuereinnahmen weiter reduzieren, sondern die meisten Produzenten an den Rand des Ruins bringen. In weniger als vier Wochen muss Hockey seinen zweiten Haushalt präsentieren und steht gewaltig unter Druck. Das Budget vom Vorjahr war ein ziemliches Desaster, diverse darin vorgesehene Maßnahmen sind immer noch nicht verabschiedet worden. Die Empörung in weiten Kreisen der Bevölkerung hat zu katastrophalen Umfrageergebnissen geführt, Abbott wäre fast von einer internen Parteirevolte gestürzt worden. *Und wären die Nachrichten aus dem eigenen Land nicht schon übel genug, reibt der kleine Nachbar Neuseeland noch zusätzlich Salz in die Wunden. Neuseelands Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite der tasmanischen See ist niedriger, der Haushalt soll vielleicht schon 2016 einen Überschuss ausweisen. Dies alles hat dazu geführt, dass der neuseeländische Dollar fast genauso viel wert ist wie der australische. Das hat es bisher zum letzten Mal im Oktober 1973 gegeben, wenn auch nur ein paar Stunden lang. Die Australier sind es ja gewohnt, im Rugby gegen den Nachbarn zu verlieren – ein niedrigerer “Aussie” im Vergleich zum “Kiwi” aber wäre nur schwer zu verkraften.