EIN NEUES KAPITEL IM BREXIT-DRAMA

Schatzkanzler Javid dreht den Geldhahn auf

Schrumpfen der Wirtschaft deutet sich an

Schatzkanzler Javid dreht den Geldhahn auf

hip London – Der britische Schatzkanzler Sajid Javid ist mit seinem Haushaltsentwurf im Unterhaus nahezu untergegangen. Dort dominierte zwar der Streit zwischen Brexit-Befürwortern und -Gegnern die Debatte. Speaker John Bercow und der ehemalige Schatzkanzler Kenneth Clarke ermahnten den Nachfolger Philip Hammonds bei seinem ersten großen Auftritt aber wiederholt, nicht abzuschweifen, wenn er auf das Thema EU-Austritt zu sprechen kam. Premierminister Boris Johnson hatte sich schon vor Beginn der Ausführungen Javids auf den Weg zum Ausgang gemacht, bevor er von Matt Hancock zurückbeordert wurde. Die Labour-Abgeordnete Stella Creasy will “Bringt Phil zurück”-Sprechchöre von allen Seiten vernommen haben. An Zwischenrufen fehlte es jedenfalls nicht. Der Unternehmensverband CBI spendete dagegen Beifall.Wichtigster Punkt war die Ankündigung, im kommenden Fiskaljahr “real” 13,8 Mrd. Pfund mehr für öffentliche Dienstleistungen auszugeben. Die Mittel für das Innenministerium sollen so stark aufgestockt werden wie zuletzt vor 15 Jahren. Damit sollen unter anderem die Ankündigungen der Regierung, 20 000 Polizisten zusätzlich auf die Straßen zu bringen und verstärkt gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern vorzugehen, finanziert werden. Zudem sollen 10 000 zusätzliche Plätze in britischen Gefängnissen eingerichtet werden, um eine “effektive” Strafjustiz sicherzustellen. Das Militär soll 2,2 Mrd. Pfund zusätzlich erhalten. Man werde die Ära der Einsparungen, die auf “Labours große Rezession” gefolgt sei, hinter sich lassen und eine Ära der Erneuerung einläuten, kündigte Javid an. Wegen der niedrigen Zinsen könne mehr investiert werden. Erstmals seit 2002 werde kein Ministerium Haushaltskürzungen verdauen müssen. Großbritannien werde jedoch nicht über seine Verhältnisse leben, beteuerte er. Das Gesundheitswesen NHS soll die bereits von Theresa May versprochenen Mittel bekommen. Um dem Pflegenotstand zu begegnen, werden 1,5 Mrd. Pfund zusätzlich eingeplant. Für den Umgang mit dem Brexit nach dem Austritt sind 2 Mrd. Pfund eingestellt.Die jüngsten Einkaufsmanagerumfragen deuten auf ein Schrumpfen der britischen Wirtschaft im laufenden Quartal hin.Der Markit/CIPS-Einkaufsmanagerindex für das dominante Dienstleistungsgewerbe fiel von 51,4 Punkten im Juli auf 50,6. Damit lag er zwar den fünften Monat in Folge über der Schwelle von 50,0, deren Unterschreiten auf eine Verringerung der wirtschaftlichen Aktivität hindeutet. Er bewegte sich aber deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt von 54,9. Der UK All Sector Output Index sank von 50,3 Punkten auf 49,7. Aus Sicht des IHS-Markit-Chefvolkswirts Chris Williamson, deuten die Daten darauf hin, dass die britische Wirtschaft im dritten Quartal um 0,1 % schrumpft.Der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, sagte derweil vor dem Finanzausschuss des Unterhauses, dass die Folgen eines harten Brexits wegen der Vorbereitungsmaßnahmen der Unternehmen weniger schwerwiegend wären als zuvor erwartet. Die britische Finanzbranche sei gut vorbereitet.