Schäuble nimmt EZB-Politik ins Visier

Finanzminister für allmählichen Ausstieg - Dissens im EZB-Rat

Schäuble nimmt EZB-Politik ins Visier

ms Frankfurt – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich für ein Ende der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. “Es wird vermutlich richtig sein, wenn die EZB in diesem Jahr anfängt, den Einstieg aus dem Ausstieg zu wagen”, sagte er der “Süddeutschen Zeitung”. Auch im Magazin “The European” plädierte er für den Exit. Dabei mahnte er, der Ausstieg müsse allmählich vonstattengehen, “weil die Verstrickungen so groß sind, dass nur ein sehr klug kalibrierter Ausstieg ohne das Risiko großer Verwerfungen möglich ist”.Angesichts einer vor allem in Deutschland unerwartet rasant gestiegenen Inflation Ende 2016 – von 0,7 % im November auf 1,7 % im Dezember – hat die Kritik in Deutschland an dem Kurs der EZB wieder an Schärfe zugelegt. Allen voran Politiker aus dem konservativen Lager und viele Ökonomen drängen die EZB zum baldigen Ausstieg. Die Euro-Hüter dagegen hatten erst Anfang Dezember ihr Wertpapierkaufprogramm (Quantitative Easing, QE) über März 2017 hinaus bis Dezember 2017 verlängert, wenn auch ab April mit einem reduzierten monatlichen Kaufvolumen von 60 Mrd. Euro statt 80 Mrd. Euro.Finanzminister Schäuble hatte im vergangenen Jahr mit Aussagen für Aufsehen gesorgt, mit denen er der EZB-Politik eine Mitschuld am Erstarken populistischer Bewegungen und Parteien wie der AfD gegeben hatte. CSU-Politiker forderten damals in der Debatte, der nächste EZB-Präsident müsse ein Deutscher werden. Ex-EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte solche Angriffe im Interview der Börsen-Zeitung kritisiert und daran erinnert, dass die Deutschen die Unabhängigkeit der EZB stets “leidenschaftlich” verteidigt hätten (vgl. BZ vom 10.5.2016). “Einige” GegnerUnterdessen bestätigte das gestern veröffentliche Protokoll der EZB-Sitzung vom Dezember, dass es im EZB-Rat erhebliche Meinungsdifferenzen gab. Demnach lehnten “einige” Mitglieder beide letztlich diskutierten Optionen ab – also die am Ende gewählte Verlängerung um neun Monate zu 60 Mrd. Euro monatlich wie auch die Alternative einer Verlängerung um sechs Monate mit je 80 Mrd. Euro. Sie begrüßten aber die QE-Reduzierung. Draghi hatte bereits Anfang Dezember eingeräumt, dass es Gegenstimmen gegen den Beschluss gegeben hatte.Die Kritiker betonten laut Protokoll, dass Käufe von Anleihen des öffentlichen Sektors ein “Notfallinstrument” bleiben sollten, das lediglich als Ultima Ratio in einem Negativszenario wie etwa bei einer sich abzeichnenden Deflation zum Einsatz kommen sollte. Nicht zuletzt Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte gegen die Entscheidung gestimmt. Zu den Kritikern zählen zudem EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger und der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot.Die Mehrheit im EZB-Rat aber sieht Bedarf für eine anhaltend extrem expansive Geldpolitik – trotz soliden Wachstums und anziehender Inflation. Diese Notenbanker sorgen sich, dass der Anstieg der Inflation Richtung 2-Prozent-Ziel nicht nachhaltig ist, weil er primär vom Ölpreiseffekt getrieben ist. Zudem sorgen sie sich um politische Schocks, die 2017 die Euro-Wirtschaft treffen könnten.