Schnabel hält Tür für weitere EZB-Zinserhöhungen offen
Schnabel hält Tür für weitere EZB-Zinserhöhungen offen
EZB-Direktorin: Angebotsschocks können Inflationserwartungen destabilisieren – Hernández de Cos: Zu früh für Zinssenkung
ms Frankfurt
Trotz des deutlichen Rückgangs der Inflation im Euroraum ist es nach Einschätzung von EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel zu früh, weitere Zinserhöhungen auszuschließen. Das sagte die Deutsche am Freitag in einer Rede in St. Louis in den USA. Zuvor hatte bereits Bundesbankpräsident Joachim Nagel in dieser Woche erklärt, dass noch nicht klar sei, dass der Zinshöhepunkt bereits erreicht sei. Spaniens Zentralbank Pablo Hernández de Cos sagte derweil am Freitag, dass es für Diskussionen über Zinssenkungen noch zu früh sei.
Inflation versus Rezession
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte in der vergangenen Woche erstmals nach zehn Zinserhöhungen in Folge ihre Leitzinsen unverändert gelassen. Die meisten Ökonomen und Marktteilnehmer gehen nun davon aus, dass der Zinserhöhungszyklus beendet ist. Zwischen Juli 2022 und September 2023 hat der EZB-Rat die Leitzinsen um 450 Basispunkte heraufgeschraubt – so aggressiv wie nie seit der Euro-Einführung 1999. An den Geldmärkten wird inzwischen auf eine erste Zinssenkung Mitte 2024 und eine Rücknahme der Sätze um 100 Basispunkte bis Ende 2024 gewettet.
Die Inflation im Euroraum ist binnen Jahresfrist deutlich gesunken – vom absoluten Höchststand von 10,6% im Oktober 2022 auf 2,9% im Oktober 2023. Sie liegt damit aber immer noch merklich oberhalb des mittelfristigen EZB-Ziels von 2,0%. Zudem birgt vor allem der Nahost-Konflikt über die Ölpreise Risiken für eine zweite Inflationswelle. Allerdings schwächelt die Euro-Wirtschaft zugleich. Tatsächlich scheint sie auf eine Rezession zuzusteuern.
„Letzte Meile schaffen"
EZB-Direktoriumsmitglied Schnabel sagte nun, dass es ermutigende Fortschritte bei der Inflation gebe. Zugleich warnte sie aber davor, zu früh nachzulassen. „Das Inflationsziel ist jetzt in greifbarer Nähe, aber wir sollten erst feiern, wenn wir die letzte Meile wirklich geschafft haben." Es gebe durchaus Aufwärtsrisiken. „Nach einer langen Phase hoher Inflation sind die Inflationserwartungen anfällig, und erneute angebotsseitige Schocks können sie destabilisieren und die mittelfristige Preisstabilität gefährden“, sagte sie. „Dies bedeutet auch, dass wir uns weiteren Zinserhöhungen nicht verschließen können.“
„Ob die Zinsen schon ihren Hochpunkt erreicht haben, lässt sich noch nicht sagen: Wir bleiben strikt datenabhängig“, hatte am Dienstag Bundesbankchef Nagel gesagt (vgl. BZ vom 1. November). Die Inflation sei trotz des Rückgangs auf 2,9% noch zu hoch und es bestünden verschiedene Aufwärtsrisiken. „So könnten die geopolitischen Spannungen in Nahost die Energiepreise nach oben treiben und die mittelfristigen Aussichten unsicherer machen.“ Deshalb: „Wir dürfen nicht zu früh nachlassen. Vielmehr werden die Leitzinsen ausreichend lange auf einem ausreichend hohen Niveau liegen müssen.“
Große Unsicherheit
Spaniens Notenbankchef Hernández de Cos sagte am Freitag in einer Rede auf den Kanaren: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es viel zu früh, um über Zinssenkungen zu sprechen.“ Ein hohes Maß an Unsicherheit bedeute, dass Entscheidungen datenabhängig sein müssten.