Scholz bleibt auf Schuldenkurs
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die geplanten neuen Schulden des Bundes von knapp 100 Mrd. Euro im kommenden Jahr verteidigt. Er werde nicht gegen die Krise ansparen, machte der Minister deutlich. Die schwarze Null gehört wohl bis mindestens 2024 der Vergangenheit an. wf Berlin – Mit einer Neuverschuldung von 96,2 Mrd. Euro bei Ausgaben von 413,4 Mrd. Euro will der Bund im kommenden Jahr die Coronakrise wirtschaftlich meistern. “Das ist sehr, sehr viel Geld, das wir nötig haben, um dazu beizutragen, dass die Konjunktur stabilisiert wird”, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Die Mittel unterstützten die Wirtschaft in der Coronakrise. “Die Pandemie ist noch nicht vorbei”, konstatierte Scholz. Die Wirtschaft erhole sich jedoch. Die Bundesregierung wolle diese Entwicklung unterstützen, damit 2022 wieder zum Niveau vor der Krise aufgeschlossen werden könne.Das Bundeskabinett hatte zuvor den Entwurf des Bundeshaushalts 2021 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2024 gebilligt. Damit die Nettokreditaufnahme möglich ist, muss der Bundestag für 2021 erneut die Ausnahme von der Schuldenbremse genehmigen. Die Bremse erlaubt dem Bund ein strukturelles Defizit von 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Konjunktureffekte werden dabei bereinigt. 2021 übersteigt die gesamte Nettoneuverschuldung den nach der Schuldenbremse zulässigen Betrag um 86 Mrd. Euro.Diese neuen Schulden, zusammen mit den denen aus diesem Jahr, die den Spielraum der Schuldenbremse um rund 119 Mrd. Euro überschreiten, muss der Bund tilgen. Dies ist bis 2042 geplant und wird den Bundeshaushalt von 2026 an mit gut 10 Mrd. Euro pro Jahr belasten. Scholz versicherte, die Schuldenbremse werde 2022 wieder eingehalten.Die Rückkehr zur schwarzen Null im Bundeshaushalt rückt gleichwohl in weite Ferne. In der weiteren Finanzplanung bis 2024 werde der Kreditspielraum der Schuldenbremse ausgeschöpft, erklärte Scholz. Die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote, die gerade wieder unter den erlaubten Höchststand von 60 % des BIP gesunken war, wird dem Minister zufolge auf knapp 80 % zulegen. Länder und Gemeinden dürfen sich laut Schuldenbremse überhaupt nicht mehr verschulden. Planung mit EtatlöchernDie Rücklage im Bundeshaushalt von 48 Mrd. Euro soll erst von 2022 an sukzessive aufgelöst werden. Gleichwohl klaffen in der Finanzplanung – als “Handlungsbedarf” gekennzeichnete – Lücken von 9,9 (2022), 16,4 (2023) und 16,2 (2024) Mrd. Euro. Diese zu schließen, fällt in die Zeit nach der Bundestagswahl und wird Aufgabe der neuen Bundesregierung sein. Ob es zu Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen kommt, ließ Scholz offen. Er schloss aber eine Steuersenkung für hohe Einkommen in der Größenordnung von “ein paar hunderttausend Euro” aus. Mit Blick auf den “Handlungsbedarf” verwies er auf Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise. Mit der wirtschaftlichen Erholung habe die Wirklichkeit besser ausgesehen als die Rechnung, hielt Scholz fest.Für den Koalitionspartner CDU/CSU mahnte der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Eckhardt Rehberg, die bereitgestellten Mittel müssten nun zügig abfließen. Damit die Wirtschaft schnell durch die Krise komme, sei es erforderlich, noch einmal die Ausnahme von der Schuldenbremse zu beschließen. Zugleich betonet Rehberg: “Die Finanzen im Bundeshaushalt werden erst wieder in Ordnung sein, wenn die Schuldenbremse eingehalten ist.” Die Bundesregierung rief er auf, dieses Ziel mit dem Haushalt 2022 und dem Finanzplan bis 2025 zu erreichen. Dieser Etat wird im Wahljahr aufgestellt und nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 noch einmal geändert.Die Grünen warfen der schwarz-roten Regierung vor, der Haushalt habe zu viele Lücken. Ein Wechsel hin zu einer sozial-ökologischen Transformation ist für Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik der Fraktion, zudem nicht erkennbar. Zusammen mit den viel zu kurzen Tilgungsfristen für die jetzt aufgenommenen Kredite sei die Gefahr hoch, dass der Bundeshaushalt in den nächsten Jahren unter enormen Spardruck gerate, mahnte er. Für die FDP fordert deren Haushaltsexperte Otto Fricke eine “haushaltspolitische Wende”. Scholz werde mit einer Neuverschuldung von 315 Mrd. Euro in nur zwei Jahren zum “traurigen Schuldenkönig”.