Scholz sieht Vorgaben des EZB-Urteils erfüllt

Finanzministerium hat EZB-Dokumente geprüft

Scholz sieht Vorgaben des EZB-Urteils erfüllt

ms/wf Frankfurt/Berlin – Im Streit zwischen dem Bundesverfassungsgericht und der Europäischen Zentralbank (EZB) über die EZB-Staatsanleihekäufe sieht das Bundesfinanzministerium mit den jetzt von der Notenbank bereitgestellten Dokumenten die Vorgaben Karlsruhes an die EZB für erfüllt an. Mit den Unterlagen habe der EZB-Rat seine Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit des Staatsanleihekaufprogramms PSPP (Public Sector Purchase Programme) “nachvollziehbar dargelegt”, heißt es in einem Schreiben von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), das der Börsen-Zeitung vorliegt. Das genüge den Anforderungen des Gerichts “in vollem Umfang”. Aufsehenerregendes UrteilDas Bundesverfassungsgericht hatte Anfang Mai das PSPP als zum Teil nicht konform mit dem Grundgesetz bezeichnet. Die EZB habe die Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend überprüft und nachgewiesen. Das müsse sie binnen drei Monaten nachholen – sonst dürfe sich die Bundesbank nicht mehr beteiligen. Das Urteil war in vielen Teilen Europas kritisiert worden. Politik und Notenbank rangen lange Zeit um einen Ausweg. Die EZB wollte einerseits keine weitere Eskalation mit Karlsruhe. Andererseits wollte sie aber auch keinen Präzedenzfall schaffen.Wie von der Börsen-Zeitung bereits vorab berichtet (vgl. BZ vom 20. Juni), hatte der EZB-Rat dann vergangene Woche beschlossen, ein Bündel an Dokumenten freizugeben, um Bundestag und Bundesregierung die Verhältnismäßigkeit der Anleihekäufe darzulegen. Die Bundesbank leitete die Dokumente dann nach Berlin weiter. Bei den Unterlagen handelt es sich um Auszüge aus den Sitzungsprotokollen und unveröffentlichtes Begleitmaterial für die Sitzungen des EZB-Rats.Diese vertraulichen Dokumente der EZB sowie deren öffentlicher Bericht vom 25. Juni seien nun geprüft worden, heißt es in dem Schreiben von Scholz. Diese Prüfung sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der EZB-Rat die Verhältnismäßigkeit des PSPP nachvollziehbar begründet habe. Er wolle deshalb dem Bundesverfassungsgericht die EZB-Unterlagen übersenden, so Scholz. Aus seiner Sicht sei es deshalb der Bundesbank auch zukünftig gestattet, an “Umsetzung und Vollzug” der Anleihekäufe teilzunehmen. Scholz will die Dokumente nach Karlsruhe schicken, sobald sich der Bundestag damit befasst hat. Das soll noch in dieser Woche passieren, weil dann die Sommerpause beginntUnion, SPD, FDP und Grüne im Bundestag wollen sich in einem gemeinsamen Antrag hinter die entsprechende Praxis der EZB stellen. Der Bundestag halte die Darlegung der EZB zu einer Verhältnismäßigkeitsprüfung für nachvollziehbar, heißt es in einem Entwurf für einen Antrag zu dem Urteil, der dpa gestern bereits vorlag. Die Vorgaben Karlsruhes seien somit erfüllt. EZB kauft unbeirrt weiterUngeachtet der Debatte über das Urteil kauft die EZB derweil weiter unbeirrt in großem Stil Anleihen auf. In der Woche bis vergangenen Mittwoch erwarb das Eurosystem Wertpapiere im Wert von knapp 39,5 Mrd. Euro, wie die EZB gestern mitteilte. Auf das PSPP entfielen rund 8,1 Mrd. Euro und auf das im März aufgelegte Corona-Notfallkaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) rund 30 Mrd. Euro.