Scholz stützt Lindner bei kalter Progression
wf Berlin
Die Entlastungspläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zum Ausgleich der kalten Progression in der Einkommensteuer stoßen bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf „grundsätzliches Wohlwollen“. Dies machte ein Regierungssprecher in Berlin deutlich. Die Pläne seien demnach als Teil eines größeren Gesamtkonzepts zu sehen, das die Regierung wegen der enormen Preissteigerungen – besonders bei Energie – in den nächsten Wochen entwickeln will. Scholz habe in seiner früheren Funktion als Finanzminister zweimal die kalte Progression korrigiert, sagte der Sprecher.
Lindner will die heimlichen Steuererhöhungen durch die sogenannte kalte Progression korrigieren und die Steuerzahler 2023 um rund 10 Mrd. Euro und von 2024 an jährlich um rund 17,5 Mrd. Euro entlasten. „Hier geht es um den Verzicht auf Steuererhöhungen“, sagte der FDP-Politiker vor der Presse in Berlin. „Es profitieren 48 Millionen Menschen davon.“ Die durchschnittliche Entlastung liege bei 192 Euro im Jahr. Erhöht werden sollen in zwei Schritten Grund- und Kinderfreibetrag. Steigen soll zudem das Kindergeld. Der Tarifverlauf der Einkommensteuer soll so verschoben werden, dass der Spitzensteuersatz von 42% erst bei einem höheren zu versteuernden Jahreseinkommen von 61972 Euro (2023) und 63515 Euro (2024) greift. Aktuell liegt die Schwelle bei 58597 Euro. Die Einkommensschwelle für die sogenannte Reichensteuer von 45% verharrt bei 277826 Euro Jahreseinkommen. Durch die kalte Progression müssen Steuerpflichtige mehr zahlen, auch wenn der Lohn nur zum Inflationsausgleich erhöht wird. Der Fiskus profitiert von Mehreinnahmen.
Die Ressortabstimmung über die Pläne von Lindner beginnt nun. Die Ampel-Koalition ist gespalten. Die SPD plädiert für Einmalzahlungen an schwache Gruppen, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Steuersätze in den oberen Einkommensklassen erhöhen. Die Grünen kritisieren, dass die Vorschläge von Lindner besonders die Top-Verdiener entlasteten. Scholz hatte in Aussicht gestellt, dass die Bürger mit den steigenden Preisen nicht alleine gelassen werden sollen. Lindner hat in der Etatplanung 2023 rund 9,1 Mrd. Euro für Steuermindereinnahmen eingeplant. Damit wäre der erste Schritt 2023 weitgehend finanziert. Finanzielle Vorsorge hat er auch für die zum Jahresbeginn 2023 geplante Reform des Bürgergelds und beim Wohngeld getroffen.
Steuer auf Gasumlage
Die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage lehnt Lindner zwar ab, die Prüfung nach Europarecht spreche aber gegen eine Befreiung. „Wir prüfen das“, sagte der Minister. Es gebe den politischen Willen, die Mehrwertsteuer nicht zu erheben. Es seien dazu noch intensive Gespräche auch mit der EU-Kommission nötig. Mit der Gasumlage sollen die hohen Kosten einiger Gasanbieter durch den Ukraine-Krieg zu 90% auf die Schultern aller Gaskunden verteilt werden.