Scholz weist Cum-ex-Vorwurf zurück

"Kein politischer Einfluss auf die Finanzbehörde" bei Warburg - Opposition greift SPD-Kanzlerkandidat an

Scholz weist Cum-ex-Vorwurf zurück

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat Vorwürfe der Opposition im Cum-ex-Fall der Warburg Bank zurückgewiesen. Er habe die Hamburger Steuerbehörde nicht politisch beeinflusst, stellte er im Bundestag klar. Zugleich kündigte er eine Gesetzesänderung an, um Steuergelder langfristig zu sichern. wf Berlin – Die Einziehung von unrechtmäßig erlangten Steuerrückerstattungen aus Cum-ex-Geschäften soll auch dann noch möglich sein, wenn die Ansprüche bereits verjährt sind. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Scholz kündigte im Bundestag eine Gesetzesnovelle dazu an, die er zusammen mit seiner Kabinettskollegin, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), auf den Weg bringen werde. Der Bundestag hatte mit dem zweiten Corona-Steuerhilfegesetz in diesem Sommer zwar bereits eine entsprechende Vorkehrung in der Abgabenordnung getroffen, aber – aus verfassungsrechtlichen Gründen – die Rückwirkung auf bereits vor dem 1. Juli 2020 verjährte Fälle ausgeschlossen. Dies soll nun korrigiert werden.Bei Cum-ex-Geschäften wurden mit verschiedenen Beteiligten um den Dividendenstichtag Aktientransaktionen so gestrickt, dass einmal gezahlte Kapitalertragsteuer zweifach zurückerstattet wurde. Im Fall des Bankhauses Warburg geht es um Steuerrückforderungen von 90 Mill. Euro aus Cum-ex-Geschäften in zwei Tranchen. 2016 war das Hamburger Finanzamt von einer Rückforderung von 47 Mill. Euro abgerückt – wenige Tage nachdem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius Scholz in seiner damaligen Funktion als Ersten Bürgermeister getroffen hatte. 2017 hatte das Hamburger Finanzamt erst auf Druck des Bundesfinanzministeriums in Berlin unter Wolfgang Schäuble (CDU) die Erstattung von 43 Mill. Euro zurückverlangt. Der Opposition im Bundestag zufolge war Hamburg das einzige Land, das auf die Rückforderung verzichtete. “Innere Einstellung zählt” Drei bisher nicht bekannte Treffen von Scholz mit Olearius waren jetzt erst durch Medienberichte öffentlich geworden, nachdem diese Medien aus den von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Tagebüchern des Bankers zitierten. Abgeordnete der Linken, der Grünen und der FDP schlossen aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der Treffen von Scholz mit Olearius und der Entscheidung der Hamburger Finanzbehörde, der damaligen Regierungschef der Hansestadt habe seine Finger dabei im Spiel gehabt. Scholz bestritt dies entschieden. Er räumte die Treffen mit Olearius ein, berief sich aber zu den Inhalten auf mangelnde Erinnerung. Cum-ex-Geschäfte seien illegal, machte Scholz im Bundestag deutlich. Wer als Politiker Verantwortung habe, treffe sich mit vielen, die in dieser Gesellschaft Interessen hätten. “Die Frage ist nicht, ob wir uns treffen”, sagte Scholz. “Die Frage ist, wie wir innerlich eingestellt sind und ob wir uns davon beeindrucken und beeinflussen lassen.” Je mehr man zu tun habe und umso größer die Verantwortung sei, desto mehr solcher Gespräche gebe es und umso wichtiger sei “die klare innere Einstellung”, machte der Minister deutlich. “Ich jedenfalls will dazu sagen, dass ich sehr störrisch sein kann und mich noch lange nicht beeindrucken lasse.” Scholz unterstrich, dass die Entscheidung über die Anwendung der Gesetze bei den Finanzämtern liege. Sie müssten nach Recht und Gesetz entscheiden und sich darauf verlassen können, dass es keinen politischen Einfluss gebe. “Das darf nicht passieren”, sagt Scholz und ergänzte: “Es ist nicht passiert.”Der Bundesminister und Vizekanzler ist seit kurzem Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2021. Er stellte sich am Mittwoch den Fragen der Abgeordneten zu Cum-ex und den Treffen mit Olearius: am Morgen im Finanzausschuss und am Mittag in einer Regierungsbefragung. Am Nachmittag ergriff Scholz zum selben Thema in einer Aktuellen Stunde im Bundestag das Wort. Die Opposition warf ihm vor, die Abgeordneten wegen der verschwiegenen Treffen mit Olearius belogen zu haben. Linken-Finanzexperte Fabio De Masi sagte, es sei nicht ersichtlich, warum die Hamburger Finanzbehörde nicht gehandelt habe. Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar warf Scholz vor, die Redlichkeit der steuerlichen Veranlagung infrage zu stellen, wenn kleine Firmen streng besteuert würden, große Unternehmen aber so durchkämen.