Scholz will Bürger und Unternehmen in der Haushaltskrise beruhigen
Scholz beschwichtigt in der Haushaltskrise
Kanzler verspricht, Ausgaben zu beschränken und Deutschland zu modernisieren – Merz attackiert scharf
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Unternehmen und Bürger in der Haushaltskrise beruhigt, der Staat werde seine Zusagen einhalten. Bei den neuerlichen Beratungen zum Etat 2024 will der Kanzler Prioritäten setzen, Ausgaben beschränken und zugleich in die Modernisierung Deutschlands investieren.
wf Berlin
In einer Regierungserklärung hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die höheren Schulden von 70,6 Mrd. Euro im Nachtragsetat 2023 mit einer außergewöhnlichen Notsituation begründet. Mit dem Nachtragshaushalt werde lediglich bestätigt, was schon Ende 2022 beschlossen worden sei, sagte Scholz in einer Regierungserklärung im Bundestag. Die Energiepreishilfen für die Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine und für die Flutopfer im Ahrtal würden erneut im Etat verankert. Bislang sah der Bundeshaushalt 2023 eine Nettokreditaufnahme von 45,6 Mrd. Euro vor.
Zum Etat 2024, der eigentlich in dieser Woche im Bundestag beschlossen werden sollte, wurde Scholz wenig konkret. Die abschließenden Beratungen wurden nach der Entscheidung aus Karlsruhe zunächst ausgesetzt. Offen blieb am Dienstag in der Debatte, ob der Etat 2024 noch in diesem Jahr abgeschlossen wird. Redner der SPD kündigten dies an. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte in einem Schreiben an seine Fraktion vom Vortag indessen auf das neue Jahr verwiesen. Der Bund würde dann mit einer vorläufigen Haushaltsführung arbeiten.
Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte November die Praxis für nichtig erklärt, nicht benötigte Kreditermächtigungen für Coronahilfen umzuwidmen und für die Folgen des Kriegs sowie für Klimazwecke zu nutzen. Auch Kreditbeschlüsse auf Vorrat über mehrere Jahre sind nach dem Urteil nicht mehr möglich. Die Ampel-Fraktionen hatten 2022 dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) 60 Mrd. Euro Kreditermächtigungen rückwirkend für 2021 zugwiesen, um sie während der gesamten Legislaturperiode zu nutzen.
Umwidmung von Kreditspielraum
Diese Kreditermächtigungen werden mit dem Nachtragsetat gestrichen. Kredite von 43,2 Mrd. Euro aus dem Nebenhaushalt des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) werden nun ebenso in den Etat 2023 einbezogen wie 1,6 Mrd. Euro für die Fluthilfen. Dies treibt die Nettokreditaufnahme technisch nach oben. Es fließt kein neues Geld. Aus dem WSF wurden die Energiepreisbremse und die Stabilisierung der Netzentgelte bezahlt.
Scholz betonte, laufende Ausgaben seien von der neuen Haushaltslage nicht betroffen. Im Alltag der Bürger ändere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts, beruhigt er die Bürger, etwa beim Kindergeld, bei BAföG, der Rente oder dem Wohngeld. Es sei ganz klar: "Die Bürgerinnen und Bürger können darauf vertrauen, dass der Staat seine Zusagen ihnen gegenüber einhält." Von der Sperre im KTF sind Scholz zufolge Verpflichtungen ausgenommen, die der Bund schon vertraglich eingegangen ist. Zudem sind es Fördermaßnahmen zur Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudebereich.
Mit Blick auf den Etat 2024 versprach Scholz zügige Gespräche, ließ aber ein konkretes Datum für den Abschluss offen. Die Verschiebung der Haushaltsberatung "gibt uns Zeit, vorhandene Spielräume im Haushalt auszuloten, Schwerpunkte zu setzen und natürlich auch Ausgaben zu beschränken", sagte er. Bürger und Unternehmen brauchten "Klarheit in unruhigen Zeiten". Zugleich stellte Scholz weitere Zukunftsinvestitionen in Aussicht. "Diese Modernisierung ist nötig und richtig", sagte er. Sie schaffe die Voraussetzung für gute Arbeitsplätze und eine starke Wirtschaft, damit das Fundament unseres künftigen Wohlstands gesichert bleibe.
Scharfe Kritik der Union
Oppositionsführer Friedrich Merz griff den Kanzler scharf an. "Sie können es nicht", rief er Richtung Regierungsbank. "Sie gefährden mit ihrer Politik den Wohlstand und die Zukunft unseres Landes." Mit der Umgehung der Schuldenbremse habe Scholz die Wünsche der FDP nach Verzicht auf Steuererhöhungen und die Wünsche der Grünen nach Subventionen und der Aufblähung des Sozialstaates in den Koalitionsverhandlungen erfüllt.
Merz kündigte eine weitere Klage der CDU/CSU in Karlsruhe für den Fall an, dass die Ampel für 2024 erneut eine außergewöhnliche Notsituation ausrufen wolle, um zusätzliche Schulden zu machen. Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen und der SPD, Katharine Dröge und Rolf Mützenich, kritisierten die Schuldenbremse als ökonomisch falsch. Scholz positionierte sich nicht, ob er 2024 die Schuldenbremse erneut aussetzen will.