KOMMENTAR

Schönwetterexpertise

Während Tennet als lokaler Netzbetreiber und Jochen Homann als Präsident der Bundesnetzagentur immer tiefere Sorgenfalten bekommen, weil die sichere Versorgung im Süden Deutschlands angesichts fehlender Stromautobahnen zunehmend kritisch wird, sieht...

Schönwetterexpertise

Während Tennet als lokaler Netzbetreiber und Jochen Homann als Präsident der Bundesnetzagentur immer tiefere Sorgenfalten bekommen, weil die sichere Versorgung im Süden Deutschlands angesichts fehlender Stromautobahnen zunehmend kritisch wird, sieht die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, auch nach dem anstehenden Abschalten des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld keinerlei Probleme. Die Stromversorgung bleibt sicher, heißt es im jüngsten DIW-Wochenbericht, auch nach dem Aus des letzten AKW im Jahr 2022. “Es ist sogar davon auszugehen, dass Deutschland selbst im Jahr 2025 noch Strom ins Ausland exportieren wird.”Das dürfte in dieser Verallgemeinerung stimmen, zumal bei schönem Wetter mit viel Solarstrom. Doch da sich Strom nicht in großem Maße speichern lässt, hilft diese generelle Feststellung nicht weiter, wird diese Verallgemeinerung zur Plattitüde. Vielmehr droht Bayern schon im Herbst bei kaltem, dunklem Schmuddelwetter ein erster Stromengpass, weil die wichtige Leitung aus Thüringen erst Anfang 2016 fertig wird. Diese temporäre Knappheit verschärft sich mit dem Aus jedes weiteren Atommeilers in den nächsten Jahren – umso mehr, da die Landesregierung jeden weiteren Netzausbau blockiert.Nun muss eine Energieexpertin, die als Fachfrau durch ungezählte TV-Talkrunden tingelt, nicht unbedingt eine Meinung zur populistischen Energiepolitik des bayerischen Ministerpräsidenten haben. Aber etwas weniger Plattitüden in Zeiten volatilen Wind- und Sonnenstroms hätte dem wissenschaftlichen Wochenbericht nicht geschadet.