Schottland will das Pfund behalten

Nationalisten legen Konzept für Unabhängigkeit vor

Schottland will das Pfund behalten

Von Andreas Hippin, LondonSchottlands Nationalisten haben sich von Drohungen Londons, im Falle einer Unabhängigkeit könne Edinburgh das Pfund als Währung nicht behalten, nicht einschüchtern lassen. Falls ihm die Währungsunion verweigert werde, könne sich ein souveränes Schottland ja weigern, seinen Anteil an der britischen Staatsverschuldung zu tragen, sagte die stellvertretende Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) am Tag der Vorstellung ihres Konzepts für ein unabhängiges Schottland. “Es ist nicht das Szenario, für das ich plädiere, aber es ist die logische Konsequenz der britischen Position.”Ihre Partei will, dass das Land Teil einer “Sterling-Zone” wird. Man habe dazu keine Alternative. Dann dürfte es allerdings mit der EU-Mitgliedschaft schwierig werden, wird Neumitgliedern doch das Bekenntnis abverlangt, früher oder später die Gemeinschaftswährung einzuführen. Vor vier Jahren hatte die SNP die Währungsunion mit London in einem programmatischen Papier noch als ersten Schritt zur Einführung des Euro bezeichnet. Mittlerweile will sie den Euro nicht mehr.Ein Regierungssprecher in London erklärte unterdessen, der einzige Weg für Schottland, das Pfund zu behalten, sei, Teil Großbritanniens zu bleiben. Viel Wohlwollen erforderlichDaran zeigt sich der größte Schwachpunkt der gestern vorgelegten programmatischen Erklärung: Die neue Nation wäre auf das Wohlwollen zahlloser externer Akteure angewiesen. London müsste der Währungsunion zustimmen und seine atomwaffenbestückten Trident-U-Boote abziehen. Die Queen müsste auch über einem selbständigen Schottland thronen wollen. Die Nato müsste eine Mitgliedschaft akzeptieren. Das 670 Seiten starke Weißbuch “Scotland’s Future” der SNP setzt voraus, dass das alles reibungslos erfolgt. Sturgeon verwies darauf, dass Schottland nach der Unabhängigkeit nach den USA der zweitgrößte Exportmarkt für den Rest von Großbritannien wäre. Es wäre also äußerst praktisch, Edinburgh das Pfund zu lassen. Regierungschef Alex Salmond (SNP) betonte, dass London die Einnahmen der Öl- und Gasindustrie des Nordens benötige, um das Handelsdefizit im Griff zu behalten und die Währung zu stützen. Die künftigen Beziehungen mit Rest-Britannien würden so stark und so eng wie das Verhältnis von London und Dublin, heißt es in dem SNP-Papier – “eine erneuerte Partnerschaft als enge Verbündete und Freunde”. Gegenüber Brüssel will Salmond Gewohnheitsrecht geltend machen. Schließlich sei Schottland als Teil Großbritanniens schon lange in der EU. Nun fordert es die gleichen Ausnahmeregelungen für sich wie London.Über die Kosten der Souveränität für die Einwohner herrscht Uneinigkeit. Salmond zufolge bringt die Unabhängigkeit jedem Bewohner Schottlands 600 Pfund jährlich. Einer vom britischen Schatzkanzler George Osborne beauftragten Untersuchung zufolge müssen die Schotten dagegen im Falle eines Alleingangs mit Steuererhöhungen von 1 000 Pfund im Jahr rechnen, sollte sich die Regierung in Edinburgh nicht zu drastischen Ausgabenkürzungen durchringen. Danach sieht es nicht aus. Zwar kostet es nicht viel, den Rundfunksender BBC Scotland wie von der SNP vorgeschlagen durch einen Scottish Broadcasting Service zu ersetzen. Auch eigene Streitkräfte dürften für den Ölstaat im Norden Europas finanziell zu stemmen sein. Allerdings verspricht die SNP soziale Wohltaten, die ins Geld gehen.Setzen sich die Nationalisten beim Referendum im kommenden September durch, wird Schottland am 24. März 2016 unabhängig. An diesem Tag des Jahres 1603 wurde König James VI. von Schottland auch zum König von England und Irland gekrönt. Am 24. März 1707 wurde das Vereinigungsgesetz (Act of Union) unterzeichnet. Wahrscheinlich ist ein Sieg der SNP nicht. Allerdings hat die Debatte bereits dazu geführt, dass London Edinburgh weitreichende Kompetenzen übertragen hat.—– Wertberichtigt Seite 8