Schub für Elektromobilität
rec Frankfurt
Die europäischen Gesetzgeber haben wichtige Fakten zum Ausbau der Elektromobilität geschaffen. EU-Kommission, EU-Staaten und Parlament haben sich über Vorgaben für den Ausbau der Ladeinfrastruktur geeinigt. Außerdem haben die EU-Staaten nun endgültig das Aus für herkömmliche Verbrennungsmotoren besiegelt.
Beide Entwicklungen verleihen Elektroautos einen Schub. Die EU-Kommission stellte auf Drängen der Bundesregierung gleichwohl klar, dass sie nun mit Nachdruck Ausnahmen für den Einsatz synthetischer Kraftstoffe über 2034 hinaus erarbeiten wird. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte seine Zustimmung zu strikteren Klimavorgaben für den Verkehrssektor davon abhängig gemacht.
Somit ist die wochenlange Hängepartie zur Zukunft des Verbrenners beigelegt. In Berlin war Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) darauf bedacht, Zuversicht auszustrahlen: „Es ist gut, dass mit der EU-Kommission am Ende eine Lösung gefunden wurde, die den Weg für die neuen Flottengrenzwerte freimacht und gleichzeitig den Bedenken der FDP Rechnung trägt.“
Der Kompromiss zwischen EU-Kommission und Bundesregierung soll es Autoherstellern ermöglichen, weiterhin Neuwagen mit Verbrennungsmotor auf den Markt zu bringen. Dafür müssen sie technisch sicherstellen, dass die Autos auch wirklich nur mit E-Fuels betrieben werden können. Die EU-Kommission will eigens einen neuen Fahrzeugtyp für sogenannte E-Fuels schaffen.
Bis zum Herbst soll ein sogenannter delegierter Rechtsakt stehen. Dieser bedarf der Zustimmung der EU-Staaten, kann allerdings nicht verändert werden. Falls die E-Fuels-Ausnahme auf diesem Wege scheitert, wäre ein normales Gesetzgebungsverfahren nötig, was deutlich länger dauert. Verkehrsminister Wissing hat eine Lösung bis Herbst 2024 gefordert. In Kommissionskreisen räumt man ein, dass es sich um einen engen Zeitplan handelt.
Mit Deutschlands Zustimmung ist zwar die erforderliche Mehrheit im Rat der Energieminister zustande gekommen. Aber nicht alle Länder stimmten zu. Polen votierte gegen die Pläne. Das osteuropäische Land nannte sie unrealistisch und fürchtet künftig steigende Preise für Fahrzeuge. Italien, Bulgarien und Rumänien enthielten sich. Die italienische Regierung wollte bis zuletzt eine Ausnahme für Biosprit durchsetzen, scheiterte damit aber an der EU-Kommission: Die stellte klar, dass auf dem Weg zum erklärten Ziel der Klimaneutralität – anders als für E-Fuels – kein Platz für Biosprit sei.
Derweil haben Unterhändler von EU-Kommission, EU-Staaten und Parlament einen Kompromiss zur Ladeinfrastruktur ausgehandelt. Dieser sieht vor, dass künftig mindestens alle 60 Kilometer eine Ladesäule für E-Autos stehen muss. Ab 2030 soll das auch für Lkw gelten. Für Wasserstoff- und Flüssiggastankstellen gibt es ebenfalls Ausbauziele. Zudem müssen Autofahrer an allen Schnellladesäulen mit Karte zahlen können.
Dem Autoverband VDA geht das nicht weit genug. „Mit den nun festgelegten 60 Kilometern ist die Einigung von einer verbraucherfreundlichen Lösung weit entfernt“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Sie plädiert für ein dichteres Netz an Ladesäulen. Auch 200 Kilometer Abstand zwischen Wasserstofftankstellen seien zu groß. Auch für den europäischen Automobildachverband Acea bleiben die Vereinbarungen hinter den Erfordernissen zurück. „Schon heute behindert ein Mangel an Lade- und Tankstellen die Markteinführung von emissionsfreien Fahrzeugen gravierend“, sagt Acea-Chefin Sigrid de Vries. „Eine erhebliche Infrastrukturlücke wird die CO2-Reduzierung und den Übergang unseres Sektors zur Klimaneutralität weiterhin einschränken.“
Wertberichtigt Seite 2