IWF-TAGUNG IN WASHINGTON

Schuldendynamik kaum gebremst

IWF kritisiert mangelnden Ehrgeiz der Industrieländer beim Defizitabbau - Japan und die USA im Fokus

Schuldendynamik kaum gebremst

Zwar ist in vielen Industriestaaten eine Verringerung des Haushaltsdefizits festzustellen, die Schuldenquote wird damit aber allenfalls stabilisiert, warnt der IWF. Er fordert diesbezüglich einen größeren Ehrgeiz und räumt ein, dass die fiskalische Stabilität der Schwellenländer bislang zu optimistisch eingeschätzt wurde.lz Frankfurt – Der Internationale Währungsfonds (IWF) zeigt sich enttäuscht über die in den vergangenen Jahren ausgebliebenen Konsolidierungsschritte in den Industriestaaten zum Abbau ihrer Schuldenlast. Zumal das derzeit schwache Wachstum es diesen Ländern nun besonders schwer mache, Fortschritte auf diesem Feld zu erzielen, schreiben die IWF-Ökonomen anklagend im aktuellen “Fiscal Monitor”. Allerdings gestehen sie zu, dass in den entwickelten Volkswirtschaften zuletzt immerhin eine Verringerung der Budgetdefizite gelungen sei, was die Schuldenlast zumindest stabilisiere. Um die gegenwärtig im Schnitt bei rund 110 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegende Schuldenquote aber auf 70 % bis zum Jahr 2030 herunterzubringen, seien indes kräftigere Einschnitte nötig, heißt es.Die längerfristige Prognose des Fonds (siehe Grafik) zeigt denn auch, dass die Schuldenlast in einigen Staaten sich nur marginal verringert. Problematisch ist das aus Sicht des IWF auch deshalb, weil die hohe Verschuldung immer auch ein Angriffspunkt für Marktentwicklungen ist, welche die Länder dann in Schwierigkeiten stürzen können. So muss sich Griechenland nach IWF-Berechnungen Jahr für Jahr um Refinanzierungen seiner Staatsschuld im Volumen von gut 20 % des BIP kümmern. Für die USA sind es sogar knapp 24 %, für Italien knapp 30 % und für Japan fast 60 %.Kritisch sieht der IWF diese Entwicklung vor allem deshalb, weil in vielen Staaten – namentlich werden Japan und die USA genannt – bislang keinerlei mittelfristige Konsolidierungspläne existieren. Das erhöhe die Unsicherheit an den Märkten noch im Hinblick auf die langfristige Stabilität der Staatsfinanzen. Der IWF ruft deshalb die genannten Staaten zur Aufstellung von “belastbaren und glaubwürdigen mittelfristigen Schuldenabbauplänen” auf, wobei durchaus Raum vorhanden sein müsse, um im Falle eines Konjunktureinbruchs die automatischen Stabilisatoren wirken lassen zu können. Risiken in SchwellenländernNeue Schuldenrisiken machen die IWF-Ökonomen zudem unter den Schwellenländern aus. Eine immer größere Zahl dieser Länder sei “viel verwundbarer, als wir bisher angenommen hatten”, schreiben sie. Zudem sei der fiskalpolitische Bewegungsspielraum in den Emerging Markets zuletzt wegen der globalen Entwicklung deutlich eingeengt worden. Die Länder müssten jetzt alles daransetzen, ihre Finanzen wieder mit den nötigen “fiskalischen Buffern” auszustatten.Der IWF verweist hierbei auf Steuerreformen, wobei er auch Steuererhöhungen in einzelnen Bereichen explizit nicht ausschließt. Zu einfach hätten es sich die in finanzielle Enge getriebenen Staaten dabei gemacht, indem sie etablierte Steuern meist einfach angehoben hätten. Die IWF-Ökonomen raten hier stattdessen zu einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, fordern zur Beseitigung von Ineffizienzen bei der Steuererhebung auf und zeigen sich aufgeschlossen, wenn es darum geht, mit neuen Steuern zugleich etwa das Umweltverhalten zu lenken.In den Industriestaaten sieht der IWF indes im Bereich der Einkommensentstehung kaum Raum für Steuererhöhungen, weil dies wegen der schon erreichten Belastung eher zu sinkenden Steuereinnahmen führen würde. Allerdings drängt der Fonds die USA und Japan zu einer Erhöhung und Verbreiterung der Verbrauchssteuern, um die Einnahmebasis zu verbessern. Vorhaltungen, dass diese Steuer vor allem die unteren Einkommensklassen treffen würde, lässt er nicht gelten und verweist auf Möglichkeiten der Kompensation dieser Effekte.Als durchaus nachvollziehbar stellt der IWF den Wunsch nach höheren Steuern vor allem für die Top-Verdiener dar. Um dieses Ziel zu erreichen, raten die Fondsökonomen etwa zu Erhöhungen oder zur Einführung von Grundsteuern. Sie verweisen zugleich darauf, dass die Erfahrungen von reinen Reichensteuern eher negativer Art sind, weil sich der Aufwand zur Steuereintreibung in der Vergangenheit als sehr kostenträchtig erwiesen habe. Vielmehr sollten die Staaten mehr Engagement darauf legen, die internationale Steuervermeidung in den Griff zu bekommen. Allerdings müsste hier international Einigkeit über grundsätzliche Aspekte der Besteuerung erzielt werden wie etwa der staatlichen Zuordnung der Steuerbasis.