Schwankungen gefährden Netzstabilität
Stromerzeugung und -verbrauch
Schwankungen gefährden Netzstabilität
Von Stephan Lorz, Frankfurt
lz Frankfurt
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Chuzpe behauptet wird, dass der Zubau von erneuerbaren Stromerzeugern wie Windkraftanlagen und Fotovoltaik die Stabilität der Elektrizitätsversorgung in Deutschland so gar nicht tangieren soll. Und zudem der Strom künftig auch noch billiger werde, weil: Sonne und Wind schreiben keine Rechnungen. Ersteres ist mindestens fahrlässig, weil Stromtechniker durchaus große Sorgen haben und diese auch bekunden – nicht nur in Fachkreisen. Jede Kritik daran wird aber gerne als von der fossilen Lobby betrieben desavouiert. Letzteres – die Kostenfreiheit der Sonnenstrahlung und des Windes – stimmt zwar, aber die Erhaltung der Netzstabilität ist angesichts der hochvolatilen und bisweilen ganz ausbleibenden Stromerzeugung („Dunkelflaute“) mit hohem Aufwand verbunden: Gaskraftwerke müssen als Reserve zugebaut werden und schnell anspringen, neuartige Batteriespeicher müssen ersonnen, getestet und installiert, die Wasserstofferzeugung aus überschüssigem Strom von Erneuerbaren ausgebaut und Windräder regelmäßig abgeregelt werden. Bislang steigen die Strompreise eher, als dass sie fallen.
Die Erfolgsmeldung, dass im vergangenen Jahr 55% des deutschen Stroms inzwischen aus erneuerbaren Energien stammte (Vorjahr: 48,4%), wie das Umweltbundesamt meldet, ist durchaus hoffnungsvoll. Aber um das Stromnetz zu stabilisieren, stehen zunächst Milliardeninvestitionen an, die bislang noch gar nicht konkret benannt und festgezurrt sind. Über die nötige Kraftwerksstrategie wird immer noch verhandelt. Statt wie die Grünen-Bundestagsfraktion einen noch schnelleren Ausbau von Windenergie- und Fotovoltaik-Anlagen zu fordern, sollten sie mit gleicher Verve auf die nötige Verstärkung der Stromnetze hinwirken und sich für den Zubau von Reservekraftwerken sowie von Stromspeichern genauso öffentlichkeitswirksam einsetzen.
Das ist schon deshalb wichtig, weil man bislang die Dämpfung der Stromschwankungen gerne in die europäischen Nachbarländer auslagert und davon profitiert, dass diese entsprechend aufnahmebereit oder lieferbereit sind. Deutschland ist zum Nettostromimporteur geworden.