Schwarz-Rot ringt um Konjunkturprogramm

SPD lehnt komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab - Union will drei Schwerpunkte setzen

Schwarz-Rot ringt um Konjunkturprogramm

wf Berlin – Die Positionen von Union und SPD zu dem für Anfang Juni angekündigten Konjunkturpaket zum Neustart nach dem Corona-Lockdown liegen noch weit auseinander. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich wies das Ansinnen der Wirtschaftspolitiker in der Unionsfraktion zurück, den Solidaritätszuschlag bereits zum 1. Juli komplett für alle abzuschaffen. Die SPD könne dies nicht mittragen, “weil eben die Reichen eine größere Möglichkeit haben, letztlich das Sozialgefüge der Bundesrepublik Deutschland mit auf den Weg zu bringen”, sage Mützenich in Berlin vor der Fraktionssitzung.Konsens und Gesetzeslage ist, dass der Soli für 90 % der Zahler von 2021 an wegfällt. Die übrigen 10 % mit den höchsten Einkommen schultern allerdings die Hälfte des Aufkommens von zuletzt fast 20 Mrd. Euro, das allein dem Bund zusteht. Die Steuerschätzer hatten jüngst die Einnahmen krisenbedingt auf 17,7 Mrd. Euro für dieses Jahr revidiert.Die SPD hatte zuvor angeregt, den Termin auf den 1. Juli dieses Jahres vorzuziehen, aber nur für den Teil der Zahler mit unteren Einkommen. “Das hätte jetzt eben Nachfrage und Kaufkraft generiert in einer schwierigen Krisensituation”, sagte Mützenich. In der CDU/CSU fordert der Wirtschaftsflügel schon seit geraumer Zeit die vollständige Abschaffung des Solis. Unter den höheren Einkommen sind zum großen Teil Unternehmen, die den Soli künftig weiter zahlen müssen. Der Zuschlag wird auf Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben.Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte vor der Presse in Berlin, er habe die Facharbeitsgruppen seiner Fraktion gebeten, Vorschläge für das anstehende “Aufbruchpaket” zu erarbeiten. Es werde noch intensive Diskussion in dieser Woche in der Unionsfraktion dazu geben. Schwarz-Rot will das Konjunkturprogramm im Koalitionsausschuss am 2. Juni beraten und “nach Pfingsten” verabschieden. “Wirtschaft entfesseln””Für uns ist eine Sache wichtig: dass das Paket auch in die Zukunft zeigt”, sagte Brinkhaus. Es dürfe nicht nur darum gehen, den Zustand vor der Coronakrise wiederherzustellen. Brinkhaus nannte drei zentrale Elemente: Entfesselung, um die Wirtschaft mit weniger Bürokratie und besseren Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller an den Start zu bringen. Liquidität, um besonders betroffene Branchen in den nächsten Monaten über die Krise zu bringen und Arbeitsplätze dort zu sichern. Besonders wichtig sei, drittens, “Innovation”, sagte Brinkhaus.”Wir tun gut daran, wenn wir die Mittel, die wir jetzt aufbringen, auch zielgerichtet darauf für Innovation, Technologie, Klimaschutz und all die Dinge verwenden, die uns in die Zukunft hineintragen.”Die SPD sieht Mützenich zufolge dagegen andere Schwerpunkte für das Konjunkturpaket. Die Kommunen müssten dringend gestärkt werden, um weiter investieren zu können. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will die Gewerbesteuerausfälle der Kommunen kompensieren und die Hälfte der Altschulden übernehmen. Zudem dringt die SPD darauf, Familien mit einem Kinderbonus von 300 Euro je Kind zu stärken. Ein Entwurf der Wirtschaftspolitiker der Union, den Mindestlohn zu senken, wurde von der CDU/CSU-Fraktionsspitze kassiert. Fraktionsvize Carsten Linnemann verwies auf die unabhängige Mindestlohnkommission, die über die Höhe entscheidet.Mützenich sprach sich gegen Obergrenzen für das Konjunkturpaket aus. Der Bundeshaushalt sei in einer guten Lage und könne Kredite aufnehmen. Der Bundestag hat bereits einen Krisennachtragshaushalt für 2020 über 156 Mrd. Euro gebilligt. Es wird aber mit einem zweiten Nachtragsetat gerechnet.