"Sehr besorgniserregend"

Vor dem Bund-Länder-Treffen zeichnen sich weitere Beschränkungen ab - Ruf nach Einheitlichkeit

"Sehr besorgniserregend"

Am Tag vor dem heutigen Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder zur Corona-Pandemie zeichnen sich weitere Einschränkungen für Wirtschaft und Bevölkerung ab. Der Anstieg der Infektionszahlen trifft nicht nur Deutschland. Die europäische Kurve steigt steil an. wf Berlin – Mit 11 409 Neuinfektionen in Deutschland, die dem Robert-Koch-Institut am Dienstag von den Gesundheitsämtern gemeldet wurden, stehen Bund und Länder vor neuen Entscheidungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Vor einer Woche war die Infektionszahl nur gut halb so hoch. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt am Mittag mit den Ministerpräsidenten der Länder zusammen. Ob es diesmal gelingt, bereits bis zum Nachmittag Ergebnisse zu vereinbaren, ist offen. Kurz vor den Herbstferien hatten Bund und Länder bis in den späten Abend diskutiert. Zu einer deutschlandweit einheitlichen Regelung kam es dabei dennoch nicht.Persönlich anwesend sind in Berlin neben Merkel nach bisheriger Planung CSU-Chef Markus Söder und Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Söder kämpft inzwischen in einzelnen Landkreisen in Bayern mit so hohen Infektionszahlen, dass dort Ausgangsbeschränkungen verhängt wurden. Die übrigen Ministerpräsidenten sollen per Video zugeschaltet werden.Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) forderte in Berlin schnelle zusätzliche Maßnahmen gegen die rapide steigende Zahl der Coronainfektionen. Der dramatische Anstieg in den vergangenen Tagen sei “sehr besorgniserregend”, sagte Scholz am Dienstag laut dpa-afx der Deutschen Presse-Agentur. “Jetzt sind schnelle und entschlossene Schritte nötig, um diese neue Infektionswelle zu brechen.” Die zusätzlichen Maßnahmen sollten zielgerichtet und zeitlich befristet sein. “Und sie sollten deutschlandweit möglichst einheitlich getroffen werden und allgemein verständlich sein”, sagte der Finanzminister.Der Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU im Bundestag, Ralph Brinkhaus, sagte kurz vor der Fraktionssitzung, in diesen Tagen entscheide sich, wie das Weihnachtsfest hierzulande ausfallen werde. “Wir haben die klare Erwartungshaltung, dass wir Kontakt- und Bewegungsbeschränkungen bekommen”, stellte Brinkhaus fest. Er fordert klare und einheitliche Regeln sowie eine Priorisierung der Ziele. Ganz oben stehe der Gesundheitsschutz sowie die Aufrechterhaltung des Wirtschaftskreislaufes mit Blick auf Produktion und Absatz. Zudem müssten Schulen und Kindertagesstätten geöffnet bleiben.Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer plädierte dafür, an gefährdeten Punkten anzusetzen, bevor vermeidbarer volkswirtschaftlicher Schaden angerichtet werde. Er sprach sich für ein Minimum von Geselligkeit mit körperlicher Nähe aus, eine bundesweite, weitgehende Maskenpflicht sowie das Vorziehen von Sperrstunden, ohne aber das Abendessen im Restaurant einzuschränken. Schulen und Kitas müssten so lange wie möglich offen bleiben. Den Arbeitgebertag im November mit rund 1 800 Teilnehmern sagte die Arbeitgeberorganisation BDA ab und verschob ihn auf den Frühsommer 2021. Europa im Steilflug Hohe Infektionszahlen werden auch aus europäischen Nachbarländern gemeldet. Der steile Anstieg in Europa schließt damit zu anderen Regionen in der Welt auf (siehe Grafik). In Frankreich ist die Lage besonders in Paris und im Südosten des Landes angespannt, meldet dpa-afx unter Berufung auf die Weltgesundheitsorganisation WHO. Am Montag waren demnach rund 2 770 Schwerkranke auf Intensivstationen – knapp die Hälfte der Gesamtkapazität ist belegt. Auch viele Regionen in Spanien geraten unter Druck. In Italien warnten die Behörden bereits vor einer “hohen Wahrscheinlichkeit” von Kapazitätsengpässen in verschiedenen Regionen.Frankreich zieht strengere Coronamaßnahmen in Betracht. Die Regierung in Rom stellt weitere 6,8 Mrd. Euro für besonders betroffene Branchen zur Verfügung. Zudem kündigte die EU-Kommission an, dass Italien 10 Mrd. Euro aus dem Kurzarbeitsprogramm Sure erhält. Zugesagt sind 27,4 Mrd. Euro. Insgesamt fließen in einer ersten Tranche 17 Mrd. Euro, auch an Spanien und Polen. Spanien erhält die ersten 6 Mrd. von 21,3 Mrd. Euro und Polen 1 Mrd. von 11,2 Mrd. Euro. Mit den zinsgünstigen Krediten werden Kurzarbeit und Hilfen für Selbständige finanziert.