Skandalrepublik Frankreich
Die Stimmung in Frankreich könnte schwärzer nicht sein. Der Winter war viel zu lang und grau. Zusätzlich dazu stagniert die Wirtschaft, während Arbeitslosigkeit und Defizit steigen. Als sei das nicht schon genug, hat der Skandal um die Schwarzgeldkonten von Ex-Haushaltsminister Jérôme Cahuzac zu einer zusätzlichen Vertrauenskrise geführt. Gerade mal noch 29 % der Franzosen vertrauen der politischen Führung des Landes, ergab jetzt eine neue Umfrage.Kein Wunder vielleicht, denn die Cahuzac-Affäre ist nicht der erste politische Skandal, der Frankreich erschüttert. So musste der frühere Arbeitsminister Eric Woerth vor drei Jahren zurücktreten – wegen Interessenkonflikten und des Verdachts, er habe für die konservative Partei UMP illegale Spenden von L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt erhalten und sie im Gegenzug in seiner vorigen Funktion als Haushaltsminister bei der Jagd auf Steuersünder verschont. Vor zwei Jahren dann dankte Dominique Strauss-Kahn, der bis dahin als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat der Sozialisten galt, wegen einer Sexaffäre als IWF-Chef ab.Bei Normalbürgern verstärken all diese Skandale immer mehr das Gefühl, von einer Elite regiert zu werden, die glaubt, sie könne sich alles erlauben, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden. Diesen Vertrauensverlust wird auch der von Präsident François Hollande angeordnete Frühjahrsputz, für den die Mitglieder der sozialistischen Regierung bis Montag ihre Vermögensverhältnisse offenlegen mussten, nicht wettmachen können. Denn überprüft werden ihre Angaben, die am Abend veröffentlicht wurden, nicht.So gaben die meisten Regierungsmitglieder wie Außenminister Laurent Fabius, der mit einem Vermögen von 6,07 Mill. Euro vermutlich der reichste Minister ist, beispielsweise nicht an, wie groß ihre Immobilien sind. Fabius besitzt etwa eine Wohnung in Paris im Wert von 2,75 Mill. Euro.Einige Minister waren bereits vorgeprescht und hatten vor Ablauf der Frist bekannt gegeben, was sie an Immobilien, Kunst, Schmuck und Sparguthaben besitzen. Das wirkte teils wie die Flucht nach vorn, teils wie ein Wettkampf um den Titel, wer der Normalste und Bescheidenste ist.So erklärte Reindustrialisierungsminister Arnaud Montebourg, ihm gehöre ein 55 Quadratmeter großes Appartement im 20. Arrondissement von Paris, für das seine Mutter das Nutznießrecht habe. Darüber hinaus besäße er 40 % der Anteile an einer Wohnung im 2. Arrondissement von Paris, deren Wert 890 000 Euro betrage. Ihm gehöre auch ein Haus im Südburgund im Wert von 235 000 Euro sowie die Hälfte eines Stellplatzes in einer Tiefgarage in Dijon. Er besitze außerdem einen Peugeot 407, Baujahr 2007, und einen Sessel von Charles Eames, den er einst für 28 000 Francs erstanden habe.Noch bescheidener nimmt sich das Vermögen von Wohnungsbauministerin Cécile Duflot von den Grünen aus. Sie hält 70 % an einem Haus in Südwestfrankreich im Wert von 168 000 Euro, für das sie den Kredit noch abbezahlt. Darüber hinaus nennt Duflot, die auf ihren Sparbüchern 106 000 Euro liegen hat, einen Twingo und einen Renault 4L ihr Eigen.Entwicklungsminister Pascal Canfin wiederum, der wie Duflot den Grünen angehört, besitzt ein Appartement in Paris im Wert von 540 000 Euro, eine Lebensversicherung über 2 760 Euro sowie Anteile an der Zeitschrift “Alternatives économiques” und an zwei Buchhandlungen. Wirtschaftsminister Pierre Moscovici erklärte, ihm gehöre eine Wohnung im ostfranzösischen Montbéliard im Wert von 200 000 Euro. Im Gegensatz zu Fabius, Gesundheitsministerin Marisol Touraine und Senioren-Ministerin Michèle Delaunay unterliegen die wenigsten Minister der Vermögenssteuer ISF. Touraine hat zugegeben, dass sich ihr Vermögen auf 1,4 Mill. Euro beläuft. So ist sie zusammen mit ihrem Mann Eigentümerin eines Pariser Appartements und sie besitzt mehrere andere Immobilien, für die sie noch Kredite abbezahle. Ihre Kollegin Delaunay kommt zusammen mit ihrem Ehemann auf ein Vermögen von 5,4 Mill. Euro. Immerhin sieben Minister sind Millionäre. Das Vermögen der Regierung dürfte auch in den kommenden Tagen die Schlagzeilen bestimmen – und die Gemüter der Bevölkerung erhitzen.