NOTIERT IN FRANKFURT

So spannend wie Kassel bei Nacht

Kasseler und Kasselaner - also diejenigen, die nach Kassel gezogen sind, und diejenigen, die dort geboren sind - müssen hessenweit den Spott ertragen, dass in ihrer Stadt früh die Bürgersteige hochgeklappt werden. Trotz Staatstheater, Uni oder...

So spannend wie Kassel bei Nacht

Kasseler und Kasselaner – also diejenigen, die nach Kassel gezogen sind, und diejenigen, die dort geboren sind – müssen hessenweit den Spott ertragen, dass in ihrer Stadt früh die Bürgersteige hochgeklappt werden. Trotz Staatstheater, Uni oder Documenta: Kassel haftet der Ruf einer Stadt ohne Nachtleben an: Oje, das ist so spannend wie Kassel bei Nacht.Nun können wir Frankfurter uns insofern recht gut in die Haut der Kasselaner versetzen, als auch wir regelmäßig verhöhnt werden. Schließlich muss Frankfurt als Bankstadt mit dem Image leben, dass die Menschen hier viel arbeiten, aber angeblich wenig feiern – zumindest sehen das viele in Berlin, Hamburg oder München so. Entsprechend hämisch fielen einzelne Kommentare aus, als in Frankfurt jüngst eine Sperrstunde um 23 Uhr verordnet wurde. Denn Berliner Nachteulen, Hamburger Kiezgänger und Münchner Partykönige, die in den vergangenen Jahren gerne mit der Nacht-zum-Tag-Mentalität in ihren Heimatstädten geprahlt haben, sind ohnehin davon überzeugt, dass schon seit jeher die Kneipen und Bars in Frankfurt vor Mitternacht dunkel gemacht wurden – coronabedingte Sperrstunde hin oder her.Zugegeben, in den hiesigen Apfelweinlokalen ist in der Tat früh Schluss. In den Fichtekränzis, Kanonesteppels und Buchscheers wurde immer schon das letzte Rautenglas bis spätestens elf serviert. Richtig ist sicherlich auch, dass Berliner Spätis gemeinhin länger offen haben als Frankfurter Wasserhäuschen (also das, was andernorts Trinkhalle genannt wird). Ja, in der Tat, auch in den Wasserhäuschen geht meist lange vor 24 Uhr das Licht aus. Aber natürlich geht es um diese Uhrzeit in den Clubs und Shows der Stadt erst richtig los. Oder besser gesagt: ging es los. Bevor Corona kam. Seither sind die Clubs dicht. In Frankfurt. Aber auch in Berlin, Hamburg und München.Aber: Frankfurt ist ganz sicher keine Stadt, in der die Menschen früh zu Bett gehen. Das liegt allein schon daran, dass die Menschen hier jünger sind als fast im kompletten Rest Deutschlands. Das Durchschnittsalter lag nach Studien des Instituts der deutschen Wirtschaft aus dem vergangenen Jahr bei 40,6 Jahren. Also etwa ein Jahr niedriger als in Hamburg und München. Und nahezu zwei Jahre weniger als in Berlin. Na gut, zugegeben, Heidelberg ist sogar noch einen Tick jugendlicher. Aber das ist ja auch keine echte Überraschung, wenn die Bevölkerung einer Stadt zum weit überwiegenden Teil aus Studenten oder aus Stadtführern für chinesische Touristen besteht.Noch bemerkenswerter, dass Frankfurt deutschlandweit die Stadt ist, die sich am rasantesten verjüngt. Eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann das Durchschnittsalter am Main unter die 40-Jahre-Marke rutscht. Würde sich die Verjüngung linear im gleichen Tempo wie seit der Jahrtausendwende fortsetzen, wäre der Durchschnittsfrankfurter am Ende dieses Jahrhunderts gar jünger als 35 Jahre. Mit allen Weiterungen, die das dann für das (irgendwann hoffentlich wieder von der Pandemie befreite) Nightlife-Angebot am Main haben dürfte.