Söder entschuldigt sich für Panne bei Coronatests

900 positiv getestete Rückreisende nicht informiert - Bayerische Gesundheitsministerin bietet Rücktritt an

Söder entschuldigt sich für Panne bei Coronatests

sp/Reuters Berlin/München – Unter dem Eindruck weiter steigender Neuinfektionszahlen und einer gravierenden Fehlleistung der bayerischen Gesundheitsbehörden bei der Auswertung von Coronatests von Urlaubsrückkehrern wächst in Politik und Wirtschaft die Sorge vor einem empfindlichen Rückschlag bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie in Deutschland. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin vom Donnerstag wurden zuletzt innerhalb von 24 Stunden 1 445 neue Coronafälle gemeldet – der höchste Wert seit dem 1. Mai. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mahnte deshalb erneut zur Wachsamkeit, und Vertreter von Wirtschaftsverbänden warnten davor, dass ein neuerlicher Shutdown “nicht zu stemmen” sei. Die deutschen Unternehmen rechnen nach einer Erhebung des Ifo-Instituts ohnehin damit, dass eine Normalisierung ihrer Geschäftslage erst im nächsten Sommer eintritt.Für besonderen Wirbel sorgte am Donnerstag die Panne der bayerischen Gesundheitsbehörden, die nach der Auswertung von Coronatests von Urlaubsrückkehrern mehr als 900 positiv getestete Rückreisende aus dem Ausland nicht über ihre Infektion informiert haben. “Es ist wirklich hoch ärgerlich. Wir können uns dafür nur entschuldigen”, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in München. Zugleich lehnte er den von der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) angebotenen Rücktritt ab. Von Linken, SPD und FDP in Bayern und Bund kam scharfe Kritik an der Testpanne, bei der mehr als 44 000 Getestete lange keine Nachricht über das Ergebnis erhielten. Der Generalsekretär der bayerischen SPD, Uli Grötsch, hatte Humls Rücktritt gefordert.”Ich habe Vertrauen zu ihr”, betonte Söder in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Huml. Die Fehler müssten aber abgestellt werden und dürften sich nicht wiederholen. Huml selbst erklärte, dass die Betroffenen seit Donnerstagvormittag informiert würden. Neben den 908 positiv Getesteten gebe es weitere 100 Fälle, die man untersuchen müsse, sowie weitere 150 Fälle, bei denen Daten abgeglichen werden müssten. Man versuche auch diejenigen zu erreichen, die negativ getestet worden seien.Söder kündigte organisatorische Änderungen in der Landesregierung an sowie weitere 100 Mitarbeiter zur Durchführung und Auswertung der Coronatests. Zugleich betonte der CSU-Chef, dass Bayern unter den Bundesländern trotz der Panne Vorreiter bei den Tests von Rückkehrern aus Risikoländern sei und damit für mehr Sicherheit in Deutschland sorge. Man habe die Tests bereits angeboten, bevor sie bundesweit verpflichtend gemacht worden seien – und das nicht nur an Flughäfen. Während Rückkehrern über die baden-württembergische oder sächsische Grenze keine Tests angeboten würden und man gar nicht wisse, wer sich infiziert habe, habe man in Bayern auch Rückkehrer aus sicheren Ländern getestet. Angesichts der steigenden Zahl an Neuinfektionen könne nur die Maxime “testen, testen, testen” gelten, sagte er. Das Coronavirus und die dadurch verursachten Spätschäden seien so “fies”, dass nur das “Maximale” die richtige Antwort der Politik sein könne.Linken-Chefin Katja Kipping bezeichnete Söder als “Scheinriesen im Krisenmanagement”. “Sein Aktionismus war offensichtlich wieder einmal schlecht durchdacht”, kritisierte sie. FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle sprach von einem “eklatanten Regierungsversagen” der Landesregierung. Dabei sei Söder monatelang “sehr breitbeinig” aufgetreten. – Wertberichtigt Seite 8