Sofia und Zagreb auf Euro-Kurs
Die Eurozone könnte schon bald um zwei neue Mitglieder erweitert werden. Sowohl Bulgarien als auch Kroatien wurden jetzt in den WKM II, den Vorhof zur Euro-Einführung, sowie in die Bankenunion aufgenommen. Eine Einführung des Euro dürfte trotzdem wohl nicht vor dem Jahr 2023 zu erwarten sein.ahe/ms Brüssel/Frankfurt – Bulgarien und Kroatien haben die Aufnahme in den Wechselkursmechanismus (WKM) II und in die europäische Bankenunion geschafft und können sich damit fest auf eine Einführung des Euro vorbereiten. Dies beschlossen am Freitag die Euro-Finanzminister gemeinsam mit der Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, sowie dem Finanzminister und Notenbankgouverneur von Dänemark.Beide Länder müssen nun mindestens zwei Jahre ohne größere Schwierigkeiten an dem Mechanismus teilnehmen. Das heißt nach Angaben der EU-Kommission unter anderem, dass sie nicht von sich aus ihre Währung gegenüber dem Euro abwerten dürfen. Der Kurs darf nur innerhalb bestimmter Grenzen – einem Standardschwankungsband von plus oder minus 15 % – schwanken. Gelingt ihnen das, könnten nach den zwei Jahren alle Voraussetzungen für den Beitritt zum Euroraum erfüllt sein. Beobachter gehen davon aus, dass damit das Ende der heutigen Währungen Kuna und Lew frühestens ab Anfang 2023 gekommen sein könnte.Lagarde begrüßte die Bemühungen der Regierungen in Sofia und Zagreb zur Aufnahme in den Euroraum. “Der Euro ist Teil unserer gemeinsamen Identität und eine konkrete Verbindung zwischen 340 Millionen Menschen in ganz Europa”, betonte sie. Beide Länder hätten nun “einen großen Schritt auf dem Weg zum Beitritt zum Euroraum gemacht”.Beifall kam auch von der EU-Kommission, die ankündigte, die bulgarischen und kroatischen Behörden weiterhin in ihren Bemühungen zu unterstützen, den Prozess ihres Beitritts abzuschließen. Vizepräsident Valdis Dombrovskis verwies darauf, dass beide Länder dafür große Anstrengungen unternommen hätten – sogar während der Corona-Pandemie. “Dies zeigt, wie attraktiv unsere – wenn auch noch junge, aber weltweit sehr erfolgreiche – gemeinsame Währung ist”, sagte er. Nicht alle Kriterien erfülltDie EZB hatte Mitte Juni mit ihrem Konvergenzbericht die Tür für die Aufnahme Kroatiens und Bulgariens in den WKM II weit aufgestoßen (vgl. BZ vom 12. Juni). Zwar kam die EZB zu dem Ergebnis, dass beide Länder aktuell nicht alle Kriterien hinsichtlich Preisstabilität, Zinsentwicklung, Haushaltsdisziplin und Staatsverschuldung erfüllen. Unter dem Strich aber überwog die positive Einschätzung. Insbesondere lobte die EZB die jüngsten politischen Zusagen der beiden Länder als “wichtige Schritte in Richtung einer baldigen Teilnahme am WKM II”.Die EZB gab in ihrem Bericht aber auch konkrete Handlungsempfehlungen an beide Länder ab. Im Fall Kroatiens etwa lag laut EZB der Schuldenstand 2019 oberhalb des entsprechenden Maastricht-Referenzwertes, und das Recht erfüllte nicht alle Anforderungen an die Unabhängigkeit der Zentralbank. Bei den Schulden sei zudem wegen der Folgen der Corona-Pandemie 2020 eine drastische Verschlechterung der Budgetposition zu erwarten, so die EZB im Juni. Nötig sei deshalb “eine umsichtige Finanzpolitik, die die Effizienz der Einnahmen wie auch der Ausgaben weiter steigert”.Bei Bulgarien waren eher die zu hohe Inflation und ebenfalls die Unabhängigkeit der Zentralbank ein Problem. So fehlte etwa ein Verbot der monetären Staatsfinanzierung. Und auch bei Bulgarien sei wegen der Coronakrise 2020 und 2021 eine signifikante Verschlechterung der Haushaltslage zu erwarten. Das allerdings trifft aktuell auch auf alle bestehenden Euro-Länder zu.In der EZB gelten weitere Beitritte zur Eurozone vielen auch als Beleg für die Attraktivität der Währungsunion und des Euro – auch mit Blick auf die Diskussion über eine Stärkung der internationalen Rolle des Euro. Ein Beitritt eines der beiden oder beider Länder wäre die erste Erweiterung der Währungsunion seit 2015. In dem Jahr war Litauen als 19. Land beigetreten. Zugleich ist den Euro-Hütern aber auch nicht an einem zu heterogenen Währungsraum gelegen. Das würde die einheitliche Geldpolitik erschweren. Internationale Rolle des EuroIn der Debatte über die internationale Rolle des Euro hat die EZB im vergangenen Jahr einen merklichen Positionswechsel vollzogen. Lange hatte sie sich komplett neutral gegeben, war sie also weder für noch gegen eine stärkere Rolle. Inzwischen aber stellt sie sich hinter Bemühungen vor allem der EU-Kommission, die Bedeutung des Euro auf internationalem Parkett zu erhöhen – gerade auch in Konkurrenz zum US-Dollar. Erst letzte Woche hatte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta eine Rede über das “ungenutzte Potenzial des Euro” auf globaler Ebene gehalten.