NOTIERT IN PARIS

Solidarität und Zusammenhalt

Am Montag um 12 Uhr stand ganz Frankreich still. Mit einer Schweigeminute ehrte das Land die 132 Opfer, die bei den Terroranschlägen am Freitag getötet wurden. Während sich die Börse von Paris unbeeindruckt zeigte, herrschte innerhalb von vielen...

Solidarität und Zusammenhalt

Am Montag um 12 Uhr stand ganz Frankreich still. Mit einer Schweigeminute ehrte das Land die 132 Opfer, die bei den Terroranschlägen am Freitag getötet wurden. Während sich die Börse von Paris unbeeindruckt zeigte, herrschte innerhalb von vielen Unternehmen Betroffenheit. “Keiner unserer Mitarbeiter gehört zu den Opfern”, erklärte ein Sprecher von Axa. “Aber natürlich kennen wir alle jemanden, der theoretisch betroffen sein könnte oder ist.” Der Versicherer hat deshalb genau wie der Puma-Mutterkonzern Kering und andere Firmen eine psychologische Nothilfe-Zelle eingerichtet.Der Arbeitgeberverband Medef wollte Montagnachmittag beraten, was nach den Attentaten innerhalb von Betrieben getan werden kann. “Angesichts des Inakzeptablen werden sich die Unternehmenschefs und ihre repräsentativen Organisationen nicht beeindrucken lassen”, erklärte er zusammen mit anderen Arbeitgeberverbänden am Wochenende in einem gemeinsamen Kommuniqué. “Die Solidarität und der Zusammenhalt sind die einzig mögliche Antwort.”Wirtschaftsminister Emmanuel Macron wiederum berief Montagvormittag die sogenannte Zelle für wirtschaftliche Kontinuität ein. Sie ist Teil eines interministeriellen Krisenstabs und soll sicherstellen, dass die für das Überleben der französischen Wirtschaft wichtigsten Branchen Energie, Transport, Kommunikation, Finanzen und Industrie auch in Gefahrensituationen möglichst reibungslos funktionieren. Das letzte Mal wurde die Zelle im Herbst 2010 einberufen, nachdem aus Protest gegen die von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy geplante Rentenreform Raffinerien bestreikt wurden und Treibstoff in Frankreich knapp wurde.Da in Frankreich jetzt der Ausnahmezustand gilt, können die Präfekten der Départements nun Veranstaltungsorte vorübergehend schließen. Für Paris sind Versammlungen auf öffentlichen Straßen bis Donnerstag verboten. Davon betroffen waren auch Wochenmärkte und Flohmärkte. Sie dürfen jedoch seit Montag wieder stattfinden. Nachdem in der französischen Hauptstadt am Samstag zahlreiche Warenhäuser, Einkaufszentren, Kinoketten und Luxusboutiquen aus Sicherheitsgründen geschlossen blieben, machten Montag fast alle wieder auf. Nur der Vergnügungspark Euro Disney blieb noch zu.Zahlreiche Unternehmen und Verbände sagten zudem für diese Woche geplante Pressekonferenzen und andere Veranstaltungen in Paris ab. Der Bürgermeister von Straßburg überlegt sogar, den Weihnachtsmarkt in seiner Stadt zu annullieren. Er ist der größte und bekannteste Frankreichs. Auch zahlreiche Nebenveranstaltungen des UN-Klimagipfels, der Ende des Monats in Le Bourget bei Paris stattfinden soll, sollen nach Angaben von Ministerpräsident Manuel Valls abgesagt werden.Wie nach den Charlie-Hebdo-Anschlägen im Januar verstärken Unternehmen und Restaurants nun ihre Sicherheitsmaßnahmen. Seit Samstag sei die Nachfrage nach privaten Sicherheitsdiensten stark gestiegen, sagt Olivier Duran vom Syndikat der Sicherheitsunternehmen SNES. “Im Gegensatz zu den Ereignissen von Januar betrifft sie nicht nur den Großraum Paris, sondern das gesamte Land.”Wie sich die Attentate auf die französische Wirtschaft auswirken werden, lässt sich jetzt noch nicht sagen. Nach Ansicht des Ökonomen Philippe Waechter von der Investmentbank Natixis besteht die Gefahr, dass sich nun ein Gefühl der Unsicherheit verbreitet. “Das ist niemals gut für die Wirtschaft.” Auf der anderen Seite hätten die Attentate vom 11. September nicht zu einem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität in den USA geführt, räumt er ein.Die Tourismusbranche, die 2014 immerhin 8 % zum Bruttoinlandsprodukt beitrug, bekommt die Auswirkungen der Anschläge jedoch zu spüren. Die ersten Stornierungen seien bereits Samstag eingegangen, berichtet Jan-Bernard Falco von der Hotelvereinigung Paris Inn. Viele Touristen, vor allem amerikanische, seien vorzeitig abgereist. Eine Tendenz, die auch die Accor-Gruppe bestätigt. Viele Gäste haben ihren Angaben zufolge geplante Aufenthalte und Unternehmen Seminare verschoben. L’Oréal etwa hat Mitarbeiter im Ausland gebeten, Reisen zum Konzernsitz in Frankreich bis nächste Woche zu verschieben.