IM GESPRÄCH: RALPH BRINKHAUS

Solide Staatsfinanzen als Kernziel

"Wenig Spielraum für Steuersenkung" - In der Finanzmarktregulierung geht es um Feinabstimmung

Solide Staatsfinanzen als Kernziel

Die Unionsfraktion hat Ralph Brinkhaus (CDU) zu ihrem Vizevorsitzenden gewählt. Er verantwortet damit in den nächsten vier Jahren im Bundestag den Kurs von CDU/CSU in der Finanz- und Haushaltspolitik. In einem ersten Gespräch nach der Wahl legt Brinkhaus seine politischen Vorstellungen offen.Von Angela Wefers, BerlinDie nationale Schuldenbremse einhalten, den europäischen Fiskalpakt beachten und einen konsolidierten Haushalt aufstellen: Dies gehört aus Sicht des neuen CDU/CSU-Vize-Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU) zu den wichtigsten finanzpolitischen Zielen der Unionsfraktion in der neuen schwarz-roten Regierung. “Das ist die ganz große Herausforderung in dieser Legislaturperiode”, sagte Brinkhaus im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der frischgebackene Fraktionsvize weiß durchaus, dass sich während einer Legislaturperiode “Eigendynamik” in Richtung neuer Ausgabenwünsche entwickeln kann, auch wenn im Koalitionsvertrag anderes vereinbart ist.Aufgabe der Haushalts- und Finanzpolitiker in der Fraktion sei es zu bremsen. Die Finanzpolitiker von CDU/CSU im Bundestag haben Brinkhaus zufolge die Rolle der Mahner, damit finanzielle Belastungen nicht in die Zukunft verlagert werden. Die schwarz-rote Koalition hat sich vorgenommen, die Staatsverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt möglichst schnell wieder auf 60 % zu senken, wie es der Maastricht-Vertrag vorsieht. Steuerpolitik mit AugenmaßIn der Steuerpolitik bleibt die Union entschlossen bei ihrer Position: keine neuen Steuern, keine Steuererhöhungen. Ein einfacheres Steuersystem, das sich viele wünschen, ist aus Brinkhaus’ Perspektive nur mit Abstrichen an hundertprozentiger Gerechtigkeit zu erreichen. Beides zugleich sei nicht zu verwirklichen.Steueroasen – internationale und europäische – widerstrebten dem Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung. Dagegen will die Koalition vorgehen, aber mit Augenmaß. “Wir müssen aufpassen, nicht alle Steuerzahler unter Generalverdacht zu stellen, um einen geringen Promillesatz von Leuten zu erwischen, die Regeln brechen”, sagte Brinkhaus. Die strafbefreiende Selbstanzeige will die Koalition als Instrument für reuige Steuerhinterzieher erhalten, aber gegebenenfalls nachschärfen. Straffrei dürfe nur derjenige ausgehen, der sich dem Fiskus voll offenbart.Die Abschaffung einer Steuer, wie es die CSU mit dem Solidaritätszuschlag ins Gespräch gebracht hat, kann aus Brinkhaus’ Sicht nur Teil eines Gesamtpakets sein, das Schwarz-Rot mit der Neuordnung der Finanzverfassung schnüren will. Zugleich gab er zu bedenken: “Wenn wir die Staatsfinanzen weiter konsolidieren, wird wenig Spielraum für Steuersenkungen sein.”Bei der Unternehmensbesteuerung sieht Brinkhaus Deutschland im Hinblick auf eine engmaschige Besteuerung ohne Schlupflöcher bereits gut aufgestellt und nennt beispielhaft die Regelungen zur Funktionsverlagerung und zu Verrechnungspreisen. Mehr Einsatz in EuropaIm Bereich der Finanzmarktregulierung bedürfe es national der Feinabstimmung und mit Blick auf Brüssel eines starken deutschen Engagements aus dem Bundestag. Hierzulande sei in der Finanzmarktregulierung bereits eine große Zahl von Themen in der vergangenen Legislaturperiode abgearbeitet worden, stellte Brinkhaus fest. Nun sei zu prüfen: Was gibt es alles? Wie ist es aufeinander abgestimmt? Muss an der ein oder anderen Stelle nachgeschärft werden? Mit Blick auf die Brüsseler Gesetzgebung gehe es nicht mehr darum, in Deutschland alles allein zu machen oder nur EU-Vorgaben umzusetzen. “Wir müssen in der Finanzmarktregulierung noch viel intensiver als bisher den europäischen Prozess begleiten”, sagte Brinkhaus. Der Bundestag soll seine Vorstellungen artikulieren. Das Verhandlungsmandat der Bundesregierung in Brüssel werde gestärkt, wenn das Parlament hinter ihr stehe. In der vergangenen Legislaturperiode war dies bei der Bankenunion, Basel III oder der Einlagensicherung geschehen. Brinkhaus sieht darin auch einen wichtigen Punkt der Akzeptanz von Brüsseler Entscheidungen und macht dies am Beispiel der deutschen Kreditwirtschaft fest. Sparkassen und Volksbanken seien breit in der Bevölkerung verankert. “Wenn auf die Belange der deutschen Sparkassen und Volksbanken in der europäischen Finanzmarktregulierung keine Rücksicht genommen wird, dann ist es schlecht für die Akzeptanz in Deutschland.”Als offene Punkte auf der Agenda der Finanzmarktregulierung sieht er Schattenbanken und finanziellen Verbraucherschutz. Über Schattenbanken wird derzeit auf G 20-Ebene verhandelt. Der – deutsche – Verbraucherschutz sei eine Gratwanderung. “Wichtig ist, die schwierige Balance zwischen Verbraucherschutz und Bevormundung zu wahren, zwischen Transparenz und Bürokratie.” Exemplarisch nannte er die Protokolle in der Wertpapierberatung, die die Beratung der Banken und Sparkassen erschwerten. Die Koalition will diese gesetzliche Regelung evaluieren. Neues BörsensegmentStärker als bisher will sich die Union in der neuen Legislaturperiode den Finanzierungsbedingungen von Firmen widmen. “In der Unternehmensfinanzierung müssen wir neue Wege eröffnen, um mit verbesserten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken”, sagte Brinkhaus. Dies sei die Kehrseite der Medaille zum Willen der Politik, dass Banken nicht mehr so hohe Risiken eingehen sollen. Für mittelständische Unternehmen müssten andere und neue Zugänge zu Fremd- oder Eigenkapital gefunden werden. Prüfen will Schwarz-Rot die Einführung eines Börsensegments “Markt 2.0”, das Börsengänge von jungen, innovativen und wachstumsstarken Firmen wiederbeleben soll.