BREXIT-ZITTERPARTIE IN SALZBURG

"Soll das ein Witz sein? Nicht schon wieder eine!"

EU-Regierungschefs hoffen auf erneute Volksabstimmung über den EU-Austritt in Großbritannien

"Soll das ein Witz sein? Nicht schon wieder eine!"

Von Andreas Hippin, LondonZwei EU-Staatschefs haben sich am Rande des Gipfeltreffens in Salzburg für eine erneute Volksabstimmung über die Zukunft Großbritanniens in Europa ausgesprochen und damit die innenpolitische Debatte dort weiter vergiftet. Ungeachtet der politischen Zugehörigkeiten gebe es viel Respekt für die britische Entscheidung für den Brexit im Europäischen Rat, sagte der maltesische Premierminister Joseph Muscat dem Sender BBC Radio 4. “Trotzdem ist man sich rund um den Tisch einig, oder fast einig, dass wir das Unmögliche gerne eintreten sähen: ein weiteres Referendum in Großbritannien.” Die meisten Staatschefs würden es begrüßen, wenn eine Situation einträte, die es den Menschen in Großbritannien ermöglichen würde, die Dinge im Zusammenhang zu sehen, die Verhandlungsergebnisse, die Optionen, und dann ein für alle Mal zu entscheiden, sagte Muscat.Der tschechische Premier Andrej Babis unterstützte diese Sicht. Auf diese Weise lasse sich das Problem Brexit lösen. “Ich bin sehr unglücklich darüber, dass Großbritannien austritt”, sagte er dem Sender. “Vielleicht ist es besser, noch ein Referendum abzuhalten. Und vielleicht ändern die Leute ihre Meinung.” Die Begeisterung der Briten darüber, in den vergangenen Jahren immer wieder in die Wahllokale gebeten zu werden, war nicht besonders groß. Als Theresa May 2017 Neuwahlen ausrief, erlangte eine gewisse Brenda aus Bristol landesweite Berühmtheit, weil sie darauf vor einer BBC-Kamera mit den Worten “Soll das ein Witz sein? Nicht schon wieder eine!” reagierte. Volksabstimmungen sind in Großbritannien selten. Und schon gar nicht stimmt man so lange über umstrittene Themen ab, bis das Ergebnis den Regierenden gefällt. Brexit-Gegner hoffen aber, dass das Unterhaus den Deal, den die Regierung nach Abschluss der Verhandlungen im November vorlegen will, ablehnen und stattdessen die gesetzlichen Grundlagen für ein zweites EU-Referendum schaffen wird, weil der öffentliche Druck für ein Mitspracherecht der Wähler bis dahin so stark geworden ist. Zuletzt hatte sich auch der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan für eine weitere Volksabstimmung als “einzige und richtige verbliebene Herangehensweise für das Wohl unseres Landes” starkgemacht.Zwar zeigen Meinungsumfragen, dass das Land weiterhin tief gespalten ist. Die zahllosen Anti-Brexit-Gruppen wie Best for Britain, der britische Landesverband der Europäischen Bewegung, Parteien wie die Liberaldemokraten und die Grünen, sowie Initiativen wie Infacts.org oder Our Future, Our Choice sind jedoch dabei, ihre Kräfte zu bündeln. Sollten sie eine erneute Volksabstimmung erzwingen und für sich entscheiden, könnte die Regierung Brüssel vor dem 29. März 2019 bitten, die Inanspruchnahme von Artikel 50 für nichtig zu erklären. Aus Sicht der Regierung käme es in dem Fall, dass ihr mit Brüssel ausgehandelter Deal im Unterhaus niedergestimmt wird, aber nicht zu weiteren Verhandlungen mit Brüssel, sondern zu einem chaotischen Herausfallen des Landes aus der Staatengemeinschaft.