Sonderfall mit Folgen
Die Wahl im kleinen Saarland hat der SPD einen fulminanten Sieg beschert und ist in jeder Hinsicht ungewöhnlich. Mit Anke Rehlinger, der bisherigen Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin, hat der kleinere Koalitionspartner einen Regierungswechsel geschafft und dabei sogar die absolute Mehrheit errungen. Linke, Grüne und FDP sind nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis nicht im Landtag vertreten. Grüne und FDP haben die 5-%-Marke knapp verfehlt. Die Linke hat Oskar Lafontaine durch seinen Austritt kurz vor dem Wahltag im Stich gelassen. Lafontaine hat einmal mehr bewiesen, wie viel besser er im Spalten und Zerstören ist als im Zusammenhalten. Davon kann die SPD ein Lied singen.
Im Saarland zeigt sich ein Gegentrend zur übrigen Republik. Während im Bund und in vielen Ländern Sechs-Parteien-Parlamente Koalitionen und das Regieren erschweren, kommt das Saarland augenscheinlich in der nächsten Wahlperiode mit einem Drei-Parteien-Parlament aus. Die Opposition besteht nur aus CDU und AfD. Die Saar-CDU muss sich nach dem erdrutschartigen Verlust komplett neu sortieren. Jahrzehntelang stellte sie den Ministerpräsidenten oder die Ministerpräsidentin. Das Saarland galt als Personalreserve. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer oder Peter Altmaier spielten Saarländer eine zentrale Rolle auf bundespolitischer Ebene. Der frühere Ministerpräsident Peter Müller wurde Verfassungsrichter. Saarlands bisheriger Ministerpräsident, Tobias Hans, war einer der wenigen verbliebenen Landeschefs, die die CDU noch zu bieten hat. Er zieht nun „persönliche Konsequenzen“.
Für die ohnehin angeschlagene CDU Deutschland ist das ein weiterer Schlag ins Kontor. Der Verlust eines Bundeslandes – auch wenn es durch eine große Koalition geführt war – bedeutet Verlust von Einfluss im Bundesrat. Im Bund verhandelt die Union mit der Ampel über die Ausgestaltung der Sicherheitspolitik und eine Grundgesetzänderung. Das macht es der Ampel nun leichter. Gewählt wird bald in zwei weiteren Bundesländern, wo die CDU ihre Macht erhalten will: in Schleswig-Holsten und in Nordrhein-Westfalen. In beiden Ländern sind die Umfragen nicht eindeutig. In Nordrhein-Westfalen stellt sich Armin-Laschet-Nachfolger Hendrik Wüst zudem erstmals der Wahl. Wer sich nicht zeigte im Wahldebakel an der Saar, war CDU-Parteichef Friedrich Merz. Die Taktik, bei schlechten Nachrichten abzutauchen, mag gut für die Machterhaltung sein. Für den Machtgewinn wird es kaum reichen. Die Ampel im Bund kann sich freuen.