Sorgen um Türkei nehmen zu

Experten befürchten Währungskrise wie 2018 - Streit über Zinspolitik

Sorgen um Türkei nehmen zu

ms Frankfurt – Nach den neuerlichen deutlichen Verlusten der türkischen Lira wächst die Sorge vor einer Wirtschafts- und Währungskrise in dem Land – ähnlich jener im Jahr 2018. “Die Lira kommt nicht zur Ruhe. Ohne Anhebung des realen Leitzinses in den positiven Bereich droht in den nächsten Wochen eine Wiederholung der Lira-Krise aus 2018”, hieß es am Freitag zum Beispiel in einer Analyse der DZ Bank.Die türkische Lira hatte am Freitag zum US-Dollar erneut ein Allzeittief verzeichnet. Der Dollar kletterte dabei bis auf 7,4541 Lira. Am Donnerstag waren neue Inflationsdaten aus der Türkei bekannt geworden. Die Teuerung hielt sich demnach nahe der Marke von 12 % und damit hartnäckig oberhalb der Zielgröße der Notenbank von 5 %. Zugleich steckt das Land wegen der Corona-Pandemie in einer tiefen Rezession. Im zweiten Quartal schrumpfte die Wirtschaft um 9,7 %.Im Jahr 2018 hatte die Türkei eine schwere Währungs- und Wirtschaftskrise durchlebt. Am Ende rutschte das Land in die Stagflation, also in eine Situation mit wirtschaftlicher Stagnation und Inflation. Eine Krise in der Türkei könnte auch die deutsche und europäische Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen – wenn auch mit wohl überschaubaren Effekten. “Furcht vor Erdogan”Als Ursachen der Krise 2018 galten das hohe Leistungsbilanzdefizit der türkischen Wirtschaft und private Fremdwährungsschulden, der zunehmende Autoritarismus von Präsident Recep Tayyip Erdogan und dessen umstrittene Zinspolitik. Zudem gab es damals auch diplomatischen Spannungen zwischen den USA und der Türkei. Auch jetzt gilt neben drohenden EU-Sanktionen die Zinspolitik als großes Problem.Nach Ansicht vieler Experten kann die Türkei eine schwere Währungskrise jetzt nur verhindern, indem die Zentralbank den Leitzins anhebt, der bei 8,25 % liegt. So hatte sich etwa am Donnerstag auch die Deutsche Bank schon geäußert. Dem steht aber vor allem Präsident Erdogan entgegen, der niedrige Zinsen fordert. 2019 hatte Erdogan den damaligen Notenbankchef gefeuert, weil dieser sich weigerte, den Zins zu senken.DZ-Bank-Analyst Sören Hettler verwies zwar am Freitag darauf, dass auch andere Schwellenländerwährungen zuletzt Verluste hinnehmen mussten. Kaum eine Währung habe aber so schlecht abgeschnitten wie die Lira. Das liege an “hausgemachten Problemen”. Hoher Preisdruck treffe “auf eine offiziell untätige Zentralbank”. Das wiederum liege an der “Furcht vor Präsident Erdogan”.