Spanien geht gegen katalanisches Referendum vor

Kabinett beschließt Anfechtungsklage - Parlamentsausschuss soll Lösung suchen

Spanien geht gegen katalanisches Referendum vor

ths Madrid – Das spanische Kabinett hat gestern auf einer eilig einberufenen Sondersitzung eine Anfechtungsklage vor dem Verfassungsgericht gegen die Maßnahmen der katalanischen Nationalisten zur Vorbereitung des von ihnen angekündigten Referendums beschlossen. Die Verfassungsrichter tagten auf einer Sondersitzung bei Redaktionsschluss noch. Es galt jedoch als ausgemacht, dass sie die am Vortag im katalanischen Parlament verabschiedeten Gesetze aussetzen würden. Ministerpräsident Mariano Rajoy wiederholte indes in einer Fernsehansprache eine zuletzt häufig bemühte Erklärung zu der von den katalanischen Separatisten angestrebten Volksbefragung zur Unabhängigkeit: “Es wird kein Referendum zur Selbstbestimmung geben. In Spanien kann man Separatist sein. Aber man kann sich nicht über unsere demokratischen Regeln hinwegsetzen.”Am Mittwoch hatten die nationalistischen Parteien dank ihrer Mehrheit auf einer turbulenten Marathon-Debatte im Parlament von Barcelona ein Gesetz im Eilverfahren durchgeboxt, auf dessen Grundlage die katalanische Regierung noch in der Nacht das angekündigte Referendum für den 1. Oktober offiziell ausrief. Für eine solche Volksbefragung zur Abspaltung von Spanien fehlt jegliche verfassungsrechtliche Grundlage. Die Nationalisten beschwören jedoch ein vermeintlich demokratisch verankertes Grundrecht auf Selbstbestimmung. In Katalonien gibt es den Umfragen nach eine breite Mehrheit, die auf ein Referendum besteht, jedoch nicht unbedingt für die Unabhängigkeit ist.Die Staatsanwaltschaft wird gegen die Initiatoren der geplanten Abstimmung vorgehen und versucht, diese zu verhindern. So kontrolliert die Polizei bereits eine Druckerei in Katalonien, wo angeblich die Stimmzettel hergestellt werden. Die Zentralregierung erinnerte die katalanischen Gemeindeverwaltungen gestern daran, dass sie den Weisungen der Regionalregierung zu gesetzeswidrigen Handlungen nicht Folge leisten müssen. Die katalanische Regierung fragte ihrerseits die Rathäuser, ob sie an der Austragung der angestrebten Volksbefragung teilnehmen würden.Derweil beriet sich Rajoy in Madrid mit Oppositionsführer Pedro Sánchez von den Sozialisten und Albert Rivera von der liberalen Ciudadanos. Die Sozialisten beantragten am Donnerstag einen Parlamentsausschuss, der an Lösungen für den Konflikt in Katalonien arbeiten soll, etwa durch eine gründliche Neuordnung des föderalen Systems Spaniens. Der Präsident des Europäischen Parlaments Antonio Tajani erklärte, ein Verstoß gegen die Verfassung eines Mitgliedslandes richte sich auch gegen die EU. Doch die Separatisten wollen sich trotz Strafandrohung nicht vom Kurs abbringen lassen. Am kommenden Montag wird zum Nationalfeiertag Kataloniens eine Massendemonstration in Barcelona erwartet.