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Spaniens Sozialisten zerfleischen sich

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 30.9.2016 In der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) ist ein bislang einmaliger Machtkampf ausgebrochen. Nach den jüngsten Wahlniederlagen und dem Streit über den Kurs in den Verhandlungen über...

Spaniens Sozialisten zerfleischen sich

Von Thilo Schäfer, MadridIn der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) ist ein bislang einmaliger Machtkampf ausgebrochen. Nach den jüngsten Wahlniederlagen und dem Streit über den Kurs in den Verhandlungen über eine neue Regierung in Spanien traten am Mittwoch 17 Mitglieder des Vorstandes gleichzeitig zurück, um auf diese Weise Generalsekretär Pedro Sánchez aus dem Amt zu drängen. Der Parteichef verweigert sich jedoch einem Rücktritt und hält an seinem Plan fest, sich am 23. Oktober von den Mitgliedern in einer Urwahl im Amt bestätigen zu lassen. Rechtmäßig oder nicht?Die Verwirrung war am Donnerstag weiterhin sehr groß. Während der Restvorstand um Sánchez tagte, sprachen die Kritiker dem Gremium jegliche Rechtmäßigkeit ab, da nach den Statuten der Vorstand automatisch aufgelöst wird, sobald die Hälfte seiner Mitglieder ausscheidet. Strippenzieherin der Rebellion gegen Sánchez ist Susana Díaz, die Regierungschefin von Andalusien.Die mit mehr als 8 Millionen Einwohnern größte Region Spaniens ist die wichtigste Hochburg der Sozialisten seit Zeiten des Sevillaners Felipe González. Der frühere spanische Ministerpräsident hatte mit scharfen Attacken auf Sánchez praktisch den Startschuss für den Aufstand gegeben. Díaz war ursprünglich auf der Seite von Sánchez, als dieser vor zwei Jahren von den Parteimitgliedern zum neuen Generalsekretär erkoren wurde. In letzter Zeit hatte sich die Andalusierin jedoch immer mehr vom Parteichef entfernt, da sie dessen Annäherung an die Linkspartei Podemos mit einigem Argwohn betrachtet.Der Ausgang dieser Schlammschlacht ist noch offen. Klar ist nun jedoch, dass ein Linksbündnis der PSOE mit Podemos wohl keine Aussichten mehr hat. Es bleibt die Frage, ob die Sozialisten nun doch den Konservativen Mariano Rajoy per Enthaltung in einer zweiten Abstimmung im Parlament im Amt belassen oder Neuwahlen riskieren wollen. Letzteres Szenario könnte für die PSOE nach Ansicht einiger ihrer Spitzenpolitiker “tödlich” sein. Bis Ende Oktober müssen sich die Parteien auf eine neue Regierung einigen, sonst wird im Dezember zum dritten Mal binnen eines Jahres gewählt. Druck der Wirtschaft steigtDer Druck von Wirtschaft und Medien auf die Politik steigt, damit Spanien so schnell wie möglich wieder eine voll handlungsfähige Regierung bekommt. Zum einen muss Madrid die Abspaltungsbewegung in Katalonien in den Griff bekommen. Die Nationalisten kündigten am Mittwoch an, im September nächsten Jahres ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten zu wollen. Zum anderen bedarf es einer vom Parlament gewählten Regierung, um den mit Brüssel abgestimmten Konsolidierungskurs einzuhalten.Die spanische Notenbank warnte vor den Folgen des politischen Stillstandes. “Jegliche Verzögerung im Kalender für die Korrektur der fiskalischen Ungleichgewichte und die Einführung neuer Strukturreformen erhöht die Verletzbarkeit der Wirtschaft gegenüber externen Störungen”, heißt es in dem am Donnerstag vorgestellten Monatsbericht für September. Der Banco de España gibt das Defizitziel von 3,7 % des Bruttonlandsproduktes (BIP) in diesem Jahr verloren und rechnet mit einem Fehlbetrag von 4,9 %. Nach Schätzung der Notenbanker bleibt das Defizit auch in den kommenden beiden Jahren über der 3 %-Marke. Dagegen erhöhte die Notenbank die Wachstumsprognose auf 3,2 % in diesem Jahr, bevor sich die Wirtschaft 2017 auf 2,3 % abkühlt. Die Verbraucherpreise stiegen im September erstmals seit acht Monaten wieder leicht um 0,3 %, wie das Statistikamt INE ebenfalls am Donnerstag mitteilte.