Spannung im Bergidyll

Notenbankelite trifft sich in Jackson Hole - Yellen-Rede im Fokus - Debatte über die Zukunft der Geldpolitik

Spannung im Bergidyll

Während hitzig über den Zeitpunkt der nächsten US-Zinserhöhung diskutiert wird, nimmt eine generelle Debatte über die Zukunft der Geldpolitik an Fahrt auf. Ab Donnerstag treffen sich die Notenbanker in Jackson Hole.Von Mark Schrörs, FrankfurtWenn sich Notenbanker aus aller Welt ab Donnerstag zum jährlichen Stelldichein der Zunft im 9 000-Seelen-Bergidyll Jackson Hole versammeln, ist gleich doppelt für Spannung gesorgt. Zum einen ist US-Notenbankchefin Janet Yellen wieder dabei, nachdem sie 2015 gefehlt hatte – und angesichts der neu befeuerten Debatte über eine US-Zinserhöhung womöglich schon im September bietet das Treffen die perfekte Bühne für Yellen, Signale für oder gegen einen solchen Schritt zu geben. Zum anderen verspricht das übergreifende Thema “Die Gestaltung widerstandsfähiger geldpolitischer Handlungsrahmen für die Zukunft” heiße Debatten – erst recht, nachdem US-Notenbanker John Williams vor wenigen Tagen die bisherigen geldpolitischen Strategien infrage gestellt und einer Anhebung der Inflationsziele von meist 2 % das Wort geredet hat.Eigentlich soll die Zusammenkunft, die der regionale Fed-Ableger in Kansas City seit 1978 organisiert, den Notenbankern primär die Chance geben, einmal grundsätzlich über Fragen der Geldpolitik zu diskutieren, jenseits der Hektik des Alltags – ähnlich, wie es der Europäischen Zentralbank (EZB) mit ihrer Tagung im portugiesischen Sintra vorschwebt. Spätestens seit der Finanzkrise aber fällt es den Währungshütern trotz der malerischen Kulisse in Jackson Hole immer schwerer, sich vom Tagesgeschäft zu lösen. Im Gegenteil: 2010 etwa nutzte der damalige Fed-Chef Ben Bernanke das Treffen, um die zweite Runde des Quantitative Easing (QE) in den USA einzuläuten, 2014 initiierte EZB-Präsident Mario Draghi eine Debatte, die am Ende auch Euroland QE brachte.Nun also richten sich alle Blicke darauf, was Yellen bei ihrer Rede am Freitag über eine weitere Zinserhöhung womöglich schon in Kürze sagt. Nachdem viele Investoren und Händler dieser Möglichkeit wegen einer sich abschwächenden US-Wirtschaft und internationaler Risiken wie dem Brexit-Votum kaum noch eine Chance gegeben hatten, haben zuletzt eine Reihe prominenter US-Notenbanker gegengehalten. Selbst eine Zinserhöhung beim Treffen am 20. und 21. September liegt wieder auf dem Tisch. So recht wollen Beobachter aber trotzdem noch nicht an eine schnelle zweite Zinserhöhung nach jener im Dezember 2015 glauben – was auch die Glaubwürdigkeit der Fed-Kommunikation erneut zum großen Thema werden lässt.So seine liebe Müh und Not in der Vermittlung des weiteren Kurses hat auch Japans Notenbankchef Haruhiko Kuroda, der ebenfalls in Jackson Hole dabei sein soll. Mit der Entscheidung für eine nur moderate weitere Lockerung der Geldpolitik hatte Kuroda die Märkte Ende Juli enttäuscht. Für das nächste, zeitgleich zur Fed-Sitzung stattfindende Treffen am 20. und 21. September hat Kuroda eine groß angelegte Überprüfung der Geldpolitik avisiert. Seitdem rätseln Beobachter, was da kommt. Draghi und Carney fehlenKeine neuen Signale aus Jackson Hole wird es von EZB-Präsident Draghi und dem Chef der Bank of England, Mark Carney, geben. Beide werden nicht an dem Treffen teilnehmen. Die EZB wird zuvorderst von Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré vertreten, der beim abschließenden Panel am Samstag mitdiskutieren wird. Ebenfalls nicht dabei ist Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Für die Notenbank nimmt Vizepräsidentin Claudia Buch teil.Neben der Tagesaktualität wird es bei den Diskussionen zwischen Notenbankern und Ökonomen um die generelle Zukunft der Geldpolitik gehen. Für Aufsehen hat kurz vor der Tagung US-Notenbanker Williams gesorgt, der Präsident der regionalen Fed San Francisco. In einem Beitrag auf der Internetseite der Notenbank ist er zu dem Schluss gekommen, dass der aktuelle Handlungsrahmen der Geldpolitik nicht geeignet sei, mit den Herausforderungen der Zukunft fertigzuwerden (vgl. BZ vom 18. August). In der Vergangenheit sei es zwar die richtige Strategie gewesen, eine möglichst niedrige Inflation anzustreben. In Zeiten eines gesunkenen natürlichen Realzinses sei das aber nicht mehr der richtige Ansatz. Die Notenbanken sollten ihre Inflationsziele anheben oder gar ihren Fokus auf das Preisniveau oder das nominale Wachstum legen.Damit heizt Williams die Diskussion über die Zukunft der Geldpolitik an, die sich zuletzt vor allem darum drehte, ob Notenbanken beispielsweise explizit auf Finanzstabilität verpflichtet werden sollen oder ob sie mehr zum Wachstum beitragen sollen. Die Währungshüter aber sind da meist sehr zurückhaltend – und das gilt erst recht für Debatten über höhere Inflationsziele. Williams’ Vorstoß dürfte da auch in Jackson Hole hitzige Diskussionen provozieren.