SPD sucht nach Optionen für die Koalition

Leitantrag der Spitze für den Parteitag lässt Verhandlungsspielraum mit der Union

SPD sucht nach Optionen für die Koalition

wf Berlin – Die SPD sucht nach der Entscheidung ihrer Mitglieder für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als neue Vorsitzende nach einem moderaten Kurs im Regierungsbündnis mit der Union. Der Leitantrag der Parteispitze für den am Freitag startenden Parteitag werde keine harten Bedingungen für den Bestand der großen Koalition enthalten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Parteikreise. Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert, der wie Esken und Walter-Borjans dem linken Flügel der Partei zugerechnet wird, kandidiert beim Parteitag für den Vizevorsitz der SPD. Ralf Stegner, ebenfalls der Parteilinken zuzurechnen, will nicht mehr für den Posten des Parteivize kandidieren, aber für das Präsidium.Esken und Walter-Borjans haben sich Reuters zufolge mit der SPD-Interimsvorsitzenden Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Fraktionschef Rolf Mützenich und Vizekanzler Olaf Scholz auf eine gemeinsame Beschlussvorlage für den Leitantrag verständigt.Demnach will die SPD mit der Union auf Basis der Revisionsklausel im Koalitionsvertrag das Gespräch suchen. “Entscheidend ist, ob wir jetzt mit CDU und CSU die Weichen richtig stellen können – oder eben nicht”, heißt es in dem Entwurf, der Reuters vorliegt. Es stehe nicht im Vordergrund, ob die SPD die Koalition weiterführe oder beende. Der Parteivorstand will auf Grundlage der Gespräche bewerten, ob drängende Aufgaben bewältigt werden können. Vier DiskussionsfelderDiskutiert werden sollen mit der Union vier Felder: Investitionen, Klimaschutz, gute Arbeit und Digitalisierung. Esken und Walter-Borjans hatten vor ihrem Sieg als Kandidaten für die SPD-Spitze den Abschied von der schwarzen Null im Bundeshaushalt zugunsten von Infrastrukturinvestitionen verlangt. Im Entwurf des Leitantrags heißt es nun, es dürfe nicht “nur nach Kassenlage investiert” werden. “In diesem Sinn dürfen stetige Investitionen nicht an dogmatischen Positionen wie Schäubles schwarzer Null scheitern”, formuliert die SPD-Spitze im Entwurf des Leitantrags. Schäuble hatte den ausgeglichenen Bundeshaushalt erstmals 2014 erreicht. Seitdem macht der Bund keine neuen Schulden mehr. Scholz hat die schwarze Null als Bundesfinanzminister bislang verteidigt und auch seine mittelfristige Finanzplanung bis 2023 auf einen ausgeglichenen Etat ausgerichtet. Die Investitionen des Bundes sind mit knapp 43 Mrd. Euro auf Spitzenniveau. Für das nächste Jahr hat der Bundestag Gesamtausgaben des Bundes von 362 Mrd. Euro bewilligt. Höhere Klimapreise Zudem fordern Esken und Walter-Borjans bei der Einführung der Bepreisung umweltschädlicher Gase einen Einstiegspreis von 40 Euro je Tonne CO2-Ausstoß. Dies entspricht der Empfehlung anerkannter Sachverständiger. Die große Koalition hatte sich im Klimapaket auf 10 Euro mit sukzessive steigenden Stufen verständigt. Dieser niedrige Einstiegspreis soll die Akzeptanz in der Bevölkerung für die neue Klimalast sichern. Konkrete Zahlen finden sich nun nicht im Entwurf des Leitantrags. Dort heißt es nur, das mit der Union vereinbarte Klimapaket sei “angesichts des immensen Handlungsdrucks noch nicht ausreichend”. Die soziale Kompensation über die Pendlerpauschale sei “unzulänglich”. Die Regelung, die auch diejenigen kompensiert, die keine Steuern zahlen, trägt die Handschrift von Scholz. Esken und Walter-Borjans setzen sich zudem für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro ein. Der Betrag liegt derzeit bei 9,19 Euro und steigt zum Jahresbeginn 2020 auf 9,35 Euro. Eine konkrete Zahl nennt der Leitantrag nicht. Es wird lediglich eine “existenzsichernde” Höhe gefordert.