SPD sucht Vermögensteuerkonzept
wf Berlin – Die SPD hat für die – im Fall eines Wahlsiegs – angestrebte Einführung einer Vermögensteuer noch kein festes Konzept. Dies konstatierte der finanzpolitische Sprecher der SPD Bundestagsfraktion, Lothar Binding, bei der Jahrestagung des Instituts Finanzen und Steuern (IFSt) in Berlin. Dem Finanzwissenschaftler und früheren Vorsitzenden der fünf Wirtschaftsweisen, Wolfgang Wiegard, hielt Binding entgegen, dieser operiere mit Zahlen, die die SPD nie beschlossen habe. Weder gebe es eine Festlegung auf einen Steuersatz noch auf Ausnahmebereiche, noch auf ein erwartetes Aufkommen, betonte Binding. Kumulative BelastungWiegard hatte bei der IFSt-Konferenz Ergebnisse seiner Untersuchung der Steuererhöhungspläne von SPD, Grünen und Linken präsentiert. Dabei war er zu kumulierten nominalen Belastungswirkungen der Vermögenserträge pro Jahr in der Spanne zwischen 61 % und 121 % gekommen. Das Ergebnis variiert, je nachdem welcher Marktzins (im Modell 2,5 %, 3,5 % und 5 %) und welcher Erbschaftsteuersatz (gestaffelt nach Verwandtschaftsgrad: 10 %, 20 %, 30 %) unterstellt wird. Bei der Betrachtung ist die Erhöhung der Abgeltungsteuer von derzeit 25 % auf 32 % einbezogen und eine Vermögensteuer mit einem – in der SPD lang diskutierten – Steuersatz von 1 % auf den Verkehrswert sowie eine erhöhte Erbschaftsteuer.Bei der gleichen Berechnung unter Berücksichtigung einer Inflationsrate von 2 % kommt Wiegard zu realen Belastungswirkungen zwischen 102 % und 607 % der Vermögenserträge. Er sprach von einer “konfiskatorischen Belastung” und bezweifelte, dass sich diese mit dem im Grundgesetz verankerten Schutz des Eigentums vereinbaren ließe.Auch die Frage der Umverteilung nahm Wiegard in den Blick. Dabei kam er im Vergleich der Länder der OECD (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) zu dem Resultat, dass das Aufkommen vermögensbezogener Steuern in Deutschland im internationalen Vergleich zwar unterdurchschnittlich ist, dies jedoch am relativ geringen Anteil an Grundsteuern liege. Die Erbschaftsteuereinnahmen lägen dagegen im OECD-Vergleich über dem Durchschnitt. Wiegard führte die höhere Grundsteuerbelastung in anderen Ländern auf die Finanzierungsaufgabe dieser Steuer für kommunale Aufgaben zurück. Hierzulande dient die – jenseits Deutschlands praktisch unbekannte – Gewerbesteuer diesem Zweck.Betrachtet man allein eine Vermögensteuer mit einem Satz von 1 %, schlägt sich die Belastung – bei einer unterstellten Rendite von 5 % – mit 20 % im Ertrag nieder, rechnete Wiegard vor. Dabei griff der Wissenschaftler auf Modelle und Steuersätze zurück, die die SPD intern intensiv diskutiert, aber auch öffentlich kommuniziert hatte.Im Wahlprogramm beschränken sich die Sozialdemokraten indessen auf die Aussage, die Vermögensteuer “auf einem angemessenen Niveau” wieder einführen zu wollen. Die Einnahmen sollen Bildungsinvestitionen in den Bundesländern finanzieren. Mit der Einführung soll der besonderen Situation des Mittelstands, von Personengesellschaften und Familienunternehmen Rechnung getragen werden. Zudem sollen hohe Freibeträge für Privatpersonen sicherstellen, dass ein normales Einfamilienhaus steuerfrei bleibt. Aufkommen explodiertDas Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hatte berechnet, dass mit der Vermögensteuer Einnahmen von 11,5 Mrd. Euro generiert werden könnten. Binding sagte, auch dieses Ziel sei nicht fixiert. Den von vier SPD-geführten Bundesländern erarbeiteten Gesetzentwurf habe die Partei zurückgezogen, nachdem sich abzeichnete, dass es damit zu einem viel höheren Aufkommen kommen werde.