SPD zeigt sich im Wahlprogramm wirtschaftsblind
Zum Superwahljahr 2021 haben zwei Akteure ihre Vorstellungen präsentiert, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die SPD legte den Entwurf ihres Wahlprogramms vor, und der Industrieverband BDI machte 88 Empfehlungen für die Wahlkämpfer bekannt, wie der Standort Deutschland aus seiner Sicht wettbewerbsfähig bleiben und konkurrenzfähiger werden kann. Den Auftakt für das Superwahljahr mit der Bundestagswahl im Herbst, sechs Landtagswahlen und mehreren Kommunalwahlen machen am Sonntag in knapp zwei Wochen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Das „Zukunftsprogramm“ der SPD für die Bundestagswahl zeigt praktisch keine Schnittmengen mit der Wahlwunschliste des BDI. Aus geradezu zwei Welten scheinen die Agenden zu kommen. Dies ist umso erstaunlicher, als die SPD das Ziel eines Regierungswechsels propagiert und Spitzenkandidat Olaf Scholz erklärtermaßen in das Kanzleramt einziehen will – also den Anspruch auf gesamtheitliche Führung des Landes hegt. Die ehemals stolze Volkspartei liegt in Umfragen nur auf Platz 3.
Der BDI erneuert in seinem Forderungskatalog alte Wünsche: Allen voran steht die Senkung der international höchsten Energiekosten. Nach einer Dekade steuerpolitischer Abstinenz für die Wirtschaft dringt der BDI darauf, die Last wieder auf ein vergleichbares OECD-Niveau abzumildern. Eine flächendeckende digitale Infrastruktur, regelbasierter Welthandel, das Bekenntnis zum transatlantischen Bündnis sowie innovationsfreundliche Regulierung sind weitere Wahlprüfsteine.
Die SPD ist auf dem Wirtschaftsauge blind. Die Partei macht sich für gute und gut bezahlte Arbeitsplätze stark, wie es von einer traditionellen Arbeiterpartei zu erwarten ist. Wenig präsent scheint dort aber, dass es Unternehmen sind, die Arbeitsplätze bieten. Sie können dies nur, wenn sie im Wettbewerb reüssieren. Unternehmen hat die SPD nur in ihrem politischen Fokus, wenn sie klein sind oder gemeinwohlorientiert. Dass die deutsche Exportwirtschaft global unterwegs ist und dies nur bleiben kann, wenn der politische Rahmen stimmt, scheint nicht präsent. Erben, Eigentümer, Investoren und multinationale Konzerne sind für die SPD nur als Steuerzahler attraktiv. Sie sollen mehr leisten. Wie die Mehrbelastung aussehen soll, bleibt vielfach vage.
Hoffnungsvoll stimmt, dass Wahlprogramme praktisch nie komplett umgesetzt werden. Die deutsche Wirtschaft hätte sonst im Falle eines SPD-Wahlerfolgs das bittere Nachsehen.